Jürgen Doetsch

Komponist & Arrangeur

Klaus J. Schönmetzler (Kulturreferent) zu "Die Farm der Tiere":

"... ein Meisterwerk: Der Kunstbeweis eines Talents, das sich seiner Mittel sicher ist ... Das geschieht nicht allzu oft im Leben: Daß am Ende einer Uraufführung 1600 Menschen sich erheben, um den Autor und sein Werk mit stehend Ovationen zu ehren. Jürgen Doetsch wurde diese außerordentliche Würdigung zuteil!“

 

Schönmetzler zur "Symphonie 2000":

"Jürgen Doetsch ist nicht nur irgendwie begabt. Er ist auf seine Weise ein Genie. Vielleicht sogar das einzige, das wir in dieser Gegend haben.“

 

OVB (Oberbayer. Volksblatt) zur "Symphonie 2000":

"Und Doetschs rigorosem Zugriff gelang es, Spätromantik und Moderne zu einer authentischen Kunstform zu verschmelzen – einer Kunstform, die man nur als Doetsch-Stil angemessen umschreiben kann.“

 

Bayerischer Rundfunk zur 'Schöpfungsgeschichte' im September 2001 im Passionsspielhaus Erl:

„... Ein in der Musikwelt bisher einmaliges Projekt reift seiner Vollendung entgegen:

'Die Schöpfungsgeschichte' . Schon seit über 10 Jahren ringt der Oberaudorfer Komponist und Leiter des renommierten Inntalchores Jürgen Doetsch mit dieser gewaltigen Idee. Anfangs belächelt, als wahnsinnig Vermessener tituliert und selbst zwischendurch an der Monströsität des Projekts verzweifelnd, laufen jetzt die letzten Proben für die Uraufführung. Doetsch, ein musikalisch Besessener, ließ sich trotz übergroßen Talents nie in den herkömmlichen Musikbetrieb einbinden. Erstmals erscheint die Partitur in gedruckter Form, seine bisherigen Kompositionen liegen alle nur in handschriftlicher Form vor..."

 

Bayerische Staatszeitung zur 'Schöpfungsgeschichte':

„... Komposition von nahezu biblischem Ausmaß ... Das extrem aufwendige, in der Geschichte der Region einzigartige Projekt gilt dem Schöpfungsbericht der Genesis. Charakteristisch für Doetschs Technik ist dabei eine Akkumulierung musikgeschichtlicher Stilformen, die das biblische Geschehen mit der Entwicklung der abendländischen Musik künstlerisch parallel setzt. Ebenso typisch ist die szenische Einbindung von Malerei, Licht, Schauspiel, Tanz und Pantomime, die das traditionelle Oratorium zum multimedialen Bühnenereignis erweitert"

 

OVB zur „Schöpfungsgeschichte“:

„... mit einem bombastischen Orchesterwerk inszeniert Doetsch sein Lebenswerk ...“

 

Professor Cornelius Eberhardt (Generalmusikdirektor) zur 'Schöpfungsgeschichte':

„... glanzvolle Aufführung eines sehr schönen und eindrucksvollen Oratoriums...“

 

Julius Karr-Bertoli (European Music Director) zur 'Schöpfungsgeschichte':

„... das Werk war für mich eine der größten Überraschungen - überwältigend, wie aber auch der persönliche  Einsatz des Dirigenten, Komponisten und 'Schöpfers' ... einfach zu gratulieren wäre dafür zu „billig“ ... bewegten Herzens meine ich, daß meine Begeisterung für dieses künstlerische Schaffen berechtigt ist ... Mit dieser SCHÖPFUNGSGESCHICHTE wurde etwas NEUES geschaffen, das es in dieser Art noch nie gab: In besten Sinne des Wortes, die ideale Fortsetzung von Oper, Oratorium und Musical."

 

Prof. Dr. Gustav Kuhn (Leiter der Tiroler Festspiele):

"... eine überdurchschnittliche Begabung, ein echter und großer Musiker"

 

Schönmetzler zum Hymnus "Alles, was atmet, lobe den Herrn":

„Dieser Finalsatz ist ein Kunstwerk von so elementarer Kraft, daß man am Ende des Konzerts (nach gewaltigen Ovationen) fassungslos aus der Kirche wankte... Ich bekenne freimütig: Ich habe so etwas noch nie gehört !"

 

Ferdinand Mahl (OVB) zum Opernabend: "... Der Name Doetsch verhieß Attraktivität und er selbst Sinn für Aktualität. Man fand seine professionelle Kapellmeisterkunst einmal mehr bestätigt, konnte sich an der Ästhetik seiner agogisch zwingenden Gestik erfreuen und sein souveränes Auswendigdirigieren bewundern...“

 

Klaus J. Schönmetzler zur "Symphonie 2000": "... ich habe so etwas noch nie erlebt: ein Musiker, der nicht mehr „dirigiert“ - also konkrete Weisungen erteilt; sondern die innere Musik gewissermaßen in den Raum hinaustülpt und damit den Raum zum Klingen bringt."

 

Dr. med. Fritz Friedl zur "Missa del mondo": "... ich bin immer wieder beeindruckt von dem Mut zur Einmaligkeit. Da ich weiß, daß es für diese Aufführungen nur wenige Proben gibt, bringt dieser Mut zum Risiko auch die Einmaligkeit des Zuhörens, und das ist im Zeitalter der Berieselung eine Erfahrung, die man sonst kaum noch machen kann. Besonders beeindruckt bin ich von den Kompositionen. Jürgen Doetsch schafft es, Zerrissenheit und Sehnsucht so geradlinig umzusetzten, daß es mich zu Tränen rührt. Für dieses Unzeitgemäße, Ungebrochene danke ich herzlich."

 

OVB zur Jazzwoche und zu den Volksmusiktagen 2003 im Rosenheimer Ballhaus: „... initiierte als erster Künstler in einem genialen Kraftakt zwei völlig divergierende Stilrichtungen zu einer Bündelung einheimischer musikalischer Vielfalt ..."

 

OVB zur 'Audorfer Nacht' 2003: „... Jürgen Doetsch ist ein Meister der Bilder: Er zieht die Menschen in seinen Bann...“

 

OVB zur 'Schöpfung' 2004: „ … geriet unter den fordernden Händen von Jürgen Doetsch zu einem wahrhaft 'geordneten Chaos' und überzeugte wohl auch den letzten Skeptiker von der Berechtigung eines Sinfonieorchesters in Rosenheim … “

 

OVB zum Neujahrskonzert 2005: „ … er hat mittlerweile einen Stamm von Musikern um sich geschart, die so flexibel sind, daß sie auch bei wenig Probenarbeit den genialen Sprüngen ihres Leiters folgen können … "

 

OVB zur Innfantasie 2009 „ … der musikalische Tausendsassa, der so oft Großes in Szene setzt und dabei Mut zum Risiko beweist … "

 

OVB zur Verleihung des Kulturpreises an Jürgen Doetsch und seinen Inntalchor 1995:

Der Kulturpreis geht an den Komponisten Jürgen Doetsch und sein Ensemble, den Inntalchor: Die Preisvergabe würdigt einen Musiker, der als Autodidakt eine Reihe zum Teil umfangreicher Messen, Oratorien, Musicals, Volksliedbearbeitungen und Sinfonien komponierte. Er ehrt Doetsch als Gründer und Leiter des Inntalchors, des Inntalorchesters und der Gruppe 'sforzato'. Und er honoriert seine Leistung als Organisator ungewöhnlicher, zum Teil spektakulärer Musikprojekte … Der Kulturpreis gilt zugleich dem Inntalchor, der sich mit Gesang, Theater, Tanz und Instrumentaldarbietungen als eines der vielseitigsten Ensembles der Region profilierte und durch seinen bedingungslosen Einsatz für Doetschs Projekte deren Gelingen erst ermöglichte ... Auch die zahlreichen Solisten, die aus dem Chor hervorgingen und mit ihren zum Teil professionellen Leistungen das Niveau der Aufführungen prägten, werden durch den Kulturpreis geehrt."

 

OVB zum Konzert der Grassauer Bläser 1996: „..Herzstück des Abends aber war eine Fassung von Bernsteins „West Side Story“. Kein anderer als Jürgen Doetsch war es, der in einem Wurf sondersgleichen die Musik in Bläserstimmen faßte, mit Einfühlsamkeit das ganze Märchen aus New Yorks Straßen Revue passieren ließ." 

 

 

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Klaus J. Schönmetzler, Berichterstatter kultureller Ereignisse des OVB, begleitete (vor seiner Berufung zum Kulturreferent) Jürgen Doetsch mit seinen Referenzen über zwanzig Jahre, vor allem in jenem Zeitabschnitt, in dem sich der 'Autodidakt' Doetsch mit eigenen Kompositionen „... nach langen Jahren des Beobachtens, Bewunderns und Verzweifelns, vom unordentlichen Genie zum ordentlichen Kapellmeister zu entwickeln begann.“

Für die kulturinteressierten Leser der Region gehörte dieses 'spezielle“ Verhältnis Musiker / Kritiker (Doetsch und Schönmetzler trafen sich in dieser Zeit nie persönlich!), zu einem immer wieder mit Spannung erwarteten 'Klassiker' hochmotivierten 'Schlagabtauschs', der wie keine andere "Presse-Beziehung" zu fesseln vermochte. Deshalb gehören zu Doetschs Referenzen vor allem - und hier auch für sich zunächst gesondert vorgestellt - die buntschillernden unterschiedlichsten Deutungen Schönmetzlers:

 

Der Mann ist ein lebendiges Gesamtkunstwerk“

 

Der Mann hat mehr Gesichter als Wischnu“

 

Ein Irrer, dieser Mann. Aber auch: was für ein Zauberer!“

 

... oh, dieser Rattenfänger!“

 

... dieser maßlos musikbesessene Ausdrucksfanatiker!“

 

... in diesem Menschen kocht Musik!“

 

... Zwiespalt dieses ungezügelten Talentes ...“

 

... nicht nur irgendwie begabt. Er ist auf seine Weise ein Genie.“

 

... ein Genie der Improvisation und dort am besten, wo die Improvisation in Stil umschlägt.“

 

... scheut keine Anstrengung, wo immer er etwas „zeigen“ will.“

 

... Daß der Musik-Rastelli nicht vor einer Sinfonie zurückschrecken würde – damit war zu rechnen.“

 

"... dieses aberwitzige Talent fand inzwischen seinen Weg und tut das, was es tatsächlich kann: Erfinden, improvisieren, komponieren, motivieren!"

 

Solche Momente macht Doetsch keiner nach.“

 

Oh ja, er ist ein großer Menschenführer, dieser ephebische Jürgen Doetsch. Wohl auch – mit hohem Respekt und leisem Schauder sei's gesagt – ein großer Menschen-Verführer...“

 

... Nicht das handwerkliche Können – seine Energie, sein fast hypnotisches Talent, zu motivieren, macht aus Doetsch ein Phänomen...“

 

"...Er, er ganz allein hat dieses absurde Unternehmen angezettelt. Und nur er, er ganz allein, machte es selbst in seinen schlimmsten Augenblicken faszinierend.“

 

"...und vermutlich würde selbst ein Hamster-Orchester unter seiner Leitung stimmig musizieren."

 

Manchmal hat man das Gefühl, Jürgen Doetsch ergreift zuerst von einem Raum Besitz und stellt hinterher erst die Frage, womit dieser Raum zu füllen sei.“

 

... und trotzdem wurde es ein unvergleichlich typisches Doetsch-Konzert: Eines von jenen, über die man sich noch Tage später – amüsiert, erfreut, erbost, beeindruckt – wundern oder streiten kann.“

 

... doch ob möglich oder unmöglich – was zählt das schon bei einem Abend à la Doetsch. Die Hörer in der überfüllen Kirche feierten ihn lang und lautstark.“

 

Unter den vielen wackeren, zum Teil hochinspirierten Musikanten dieser reichen Region ist Doetsch einer der ganz wenigen, bei denen einem das Wort „genialisch“ einfällt.“

 

Nun raten Sie, verehrter Leser, wann das Erler Passionsspielhaus bis zum letzten Platz besetzt war? Wann die Luft vor Spannung knisterte? Und wann am Schluß die Ovationen kaum noch enden wollten? - Nun? - Na klar. Doetsch und sein Inntalchor!“

 

Stand da nicht am Podium ein junger Mann, der nie professionell Musik erlernte, der nie ein Dirigentenstudium genoß? Und fegte uns der junge Mann hier nicht ein Programm um die Ohren, bei dem – im besten Sinn – die Fetzen flogen?“

 

Denn seine Verletzlichkeit korrespondiert halt doch immer mit einer riesigen Begabung. Und er hat ja immerhin bewiesen, daß er auf gutem Wege ist, vom unordentlichen Genie zum ordentlichen Kapellmeister zu werden.“

 

Sensationell, wie dieser genialische Autodidakt inzwischen einen solchen Riesenapparat beinahe mühelos zu beherrschen weiß.“

 

Wie er, mit seiner ganz uneitlen, sinnfälligen Zeichengebung ein weiß Gott zusammengewürfeltes Orchester in drei Proben auf einen Standard hebt, vor dem manch wohlbestallter Profi eigentlich erbleichen müßte.“

 

Doetschs Unternehmen gleichen immer noch ein bißchen einer riesengroßen, riesenbunten Geisterbahn. Doch mittlerweile ist es wohl die beste, die vergnüglichste und auch die musikalischste Geisterbahn, die weit im Rund geboten wird.“

 

"... Selbst seine Musiker bezeugten einhellig, daß dieses heillos improvisierte Unternehmen - theoretisch! - niemals hätte funktionieren dürfen. 

 

"... daß ein „normaler“ Kapellmeister hier von einem Schmiß zum nächsten getaumelt wäre. Aber in solchen Momenten entwickelt Doetsch Talente, die an Telepathie zu grenzen scheinen. Er will etwas. Und er bekommt es." 

 

Vor allem aber erlebten wir die unglaubliche Entpuppung des Jürgen Doetsch...“

 

Doetsch ist fesselnd immer dort, wo er Extreme angeht …“

 

Der Abend begann mit einem jener bravourösen Doetsch-Einfälle, wie man sie allein von ihm erwarten kann. …“

 

Jürgen Doetsch, der seine Pläne stets so hochfliegend unberechenbar auslegt...“

 

Wir sahen durch Doetschs und seines Chors wahrhaft eisernen Willen zur Tat erhoben, etwas, das es vorher so nicht gab...“

 

Man kann Doetsch wohl tadeln, daß er nur den Effekt sucht. Aber mit wie leichter Hand weiß er ihn jetzt zu finden!“

 

In Gounods „Sanctus“ gibt es einen Moment, wo quasi die Welt einstürzt, wo der liebe Gott mit Megatonnen massiven Goldes vom Himmel donnert. Doetsch ließ nun für diese zwei Minuten Musik dreißig zusätzliche Posaunen auf der Empore mitspielen. Und der Himmel kam herab. Und der Effekt war so niederschmetternd überwältigend, daß alle Vernunft – und alle Kritik – davor verstummte.“

 

Er wirkt manchmal wie der Leiter einer Kurkapelle ( wäre nicht heller als je, das innere Brennen)“

 

"So erlebten wir denn eine neue Wandlung des Chamäleons Jürgen Doetsch: Den souveränen, schnörkellosen Dirigenten."

 

Und Doetsch zwang uns zum ersten Mal, ihn nicht als großen Zampano und genialen Irrwisch anzunehmen. Sondern ausschließlich als Musiker... “

 

Denn nun setzte Doetsch auch seine Zweifler in Erstaunen.“

 

Ich habe Doetsch vor Jahresfrist „auf seine Weise ein Genie“ genannt und dafür manche Prügel bezogen: doch ich fürchte, ich muß weiter bei der Behauptung bleiben...“

 

Denn wir hörten Doetsch ja nicht nur als ideenreichen Komponisten; wir erlebten ihn zugleich als Dirigenten. Natürlich kennt er seine Partitur auswendig (vermutlich gibt es gar keine, außer in seinem Kopf). Aber er „kannte“ sie eben nicht nur. Er durchlebte sie so intensiv, daß sein weiß Gott zusammengestückeltes Orchester wie das Räderwerk einer Gedankenfabrik funktionierte (ich habe so etwas noch nie erlebt: ein Musiker, der nicht mehr „dirigiert“ - also konkrete Weisungen erteilt; sondern die innere Musik gewissermaßen in den Raum hinaustülpt und damit den Raum zum Klingen bringt). Daß Doetsch auch noch öden riesigen Klavierpart selber (glänzend) spielte, schien nur konsequent in dieser wunderbaren Egozentrik. Keine Ahnung, wie er all das zusammenhielt. Vermutlich dirigiert Doetsch telepathisch.“

 

Wie intelligent, mit wieviel Fingerspitzengefühl dieser Chorleiter Programme gestalten kann...“

 

Er trägt keinerlei Bedenken, drei Gounodsche Klaviersätze selbst zu instrumentieren – und er trifft Gounods Tonfall mit teilweise nachtwandlerischer Sicherheit.“

 

Trotz Doetsch – ein toller Abend“

 

Er spielte auch selbst Klavier an diesem Abend und verspielte sich pro Minute öfter als ein Pianist in einer ganzen Saison. Aber das macht nix: Als Komponist darf er.“

 

Klar: Wir alle wußten, daß Jürgen Doetsch ein toller Kerl sein kann. Doch dieser Abend – voller Trivialitäten, Irrungen und Überzogenheiten – machte eines klar: Jürgen Doetsch ist nicht nur irgendwie begabt. Er ist auf seine Weise ein Genie.“

 

... Eine unnachahmliche Doetsch-Idee: Provokation und Ironie und Selbstkritik in einem...“

 

Fast ein schönes Kirchenkonzert … Oder wie Doetsch in Reisach einen Erfolg verspielte“

 

Wann endlich wird dieser enorm begabte Jürgen Doetsch den Hochmutsteufel aus seinem Herzen reißen, der ihm sein schönstes Programm zusammenschlägt?!“

 

Selbst Pannen wirkten als notwendiger Teil des Ganzen: Untrennbar mit Doetschs Person verbunden, der, klavierspielend und dirigierend, seine Musik im wahrsten Sinn verkörpert.“

 

Doetsch, wir wissen es und haben es als Stärke schätzen gelernt, hat einen ausgeprägten Sinn für's Szenische“

 

Man sah echten, unverfälschten Doetsch“

 

... Nun, bei seinem ersten Sinfoniekonzert in Rosenheim suggerierte uns Jürgen Doetsch – zumindest optisch – ein Gefühl totaler Schusseligkeit...“

 

Ich habe Jürgen Doetsch noch nie so nervös gesehen: Ob er eine Minute vor Konzertbeginn noch Stühle rangierte. Ob er die Verbeugung nutzte, um seinen Klaviersessel nachzudrehen. Ob er während des Stücks mit den Solisten Diskussionen anfing. Ob er am Schluß das Händeschütteln und den eigenen Abgang vergaß. Ob er für den Blumenstrauß, den man ihm überreichte, selbst den Plastikeimer auf die Bühne schleppte. Es gab kaum ein Fettnäpfchen, in das Doetsch nicht trat.“

 

... Irgendwie – und manchmal gegen alle Dirigentenregeln – schafft es Doetsch, den Apparat zusammenzuhalten und exakt die Ausdruckswerte zu vermitteln, die er haben möchte. Irgendwie schafft er eine Atmosphäre, in der sogar altgediente Profis, statt sich zurückzulehnen, mit Feuereifer bei der Sache sind (und noch Tage später von dem Abenteuer schwärmen)...“

 

... Jedenfalls hat uns Doetsch in Erl das wohl größte und auch beste Symphonie-Orchester vorgestellt, das je im Landkreis musizierte … „

 

Momente einer Aufführung, über deren Gesamt-Gelingen man in Bewunderung versank...“

 

Vor allem aber erlebten wir die unglaubliche Entpuppung des Jürgen Doetsch. Denn wie hatten wir ihn bisher gesehen? Scheu. Unsicher. Bleich und mit brennenden Augen in seinen mausgrauen Wolljanker verkrochen. Diesmal aber kam er lächelnd und federnden Schrittes, in makellosem Frack und weinrotem Cummerbund, und zeigte uns, wie man Strauß dirigiert. Er machte das ganz souverän und locker aus der rechten Hand. Und was daraus an Musik entstand, das schlug an Stimmigkeit zumindest alles, was in den letzten Jahren operettenhalber durch unsere Lande tingelte. Denn weiß Gott: Dieser Strauß hatte Schmelz und Feuer und sprühende Exaktheit und unverschämt selbstbewussten Ritardando-Charme...“

 

Kein Applaus – oh nein: Ein viertelstündiger Aufschrei. Eine uferlose Begeisterung, die Sänger, Musikanten und Initiatoren selbst ohne Gondeln wie auf Wogen trug. Ganz Oberaudorf feierte da in Doetsch und seinem Chor sich selbst. Und es hatte Grund dazu.“

 

Ein Opernabend! Zumindest eines schien da vorab klar: Es mußte wohl auch diesmal etwas „Tolles“ sein, etwas Spektakuläres, Grandioses, vielleicht auch nur grandios Geschmackloses. Doch etwas Einmaliges auf jeden Fall. Denn drunter tut Doetsch es nicht. Fast zweitausend Leute kamen so bei strömendem Regen nach Erl, um sich das anzusehen.“

 

Das Unberechenbare, wenn es regelmäßig auftritt, wird irgendwann doch zur berechenbaren Größe. So auch der Inntalchor und sein erstaunlicher Leiter Jürgen Doetsch.“

 

Geradezu unglaubwürdig, was dieser Mann seinen Sängern zutraut – und von ihnen auch bekommt...“

 

Die Inntalsänger interpretieren das Werk ihres eigenen Maestros wie die Weltmeister...“

 

... der Inntalchor selbst ist nicht nur Klangkörper, er ist ein lebendiges Wesen mit unglaublich vielen Talenten...“

 

Und auch die berühmt-berüchtigte Lust der Inntaler am Komödiantischen schlug hier ungehindert durch...“

 

So stilistisch aberwitzig, aber auch so abgefeimt effektvoll versteht man mittlerweile hier beim Inntalchor zu zaubern.“

 

... eine Ausnahmeerscheinung am Pult. Er leitet ein Orchester mit dem ganzen Körper und bewegt sich , als sei er ein Teil desselben....“

 

„… Doetsch dirigiert nicht nur, er fasziniert Publikum und Musikanten gleichermaßen...“

 

... mittendrin ein Doetsch, der weniger zu dirigieren schien, als vielmehr die Klänge aus dem rund 120 Musiker umfassenden Inntalorchester geradezu herauszuziehen …“

 

- zum Festkonzert in Erl 1988 im Festspielhaus Erl:

Ein Neuanfang – und was für einer ... So erlebten wir denn eine neue Wandlung des Chamäleons Jürgen Doetsch: Den souveränen, schnörkellosen Dirigenten. Karger, disziplinierter hat man ihn noch nicht erlebt..."

 

- zur Uraufführung von „Max und Moritz“ 1989 in Oberaudorf:

Lust für Kinder – Wonne für Erwachsene“ … Mit allem Respekt, nach langen Jahren des Beobachtens, Bewunderns und Verzweifelns, möchte ich Doetsch hiermit empfehlen, „Opus 1“ vor seine szenische Kantate „Max und Moritz“ hinzusetzen. Denn mit diesem Kinderstück wurde er als Komponist erwachsen... … vermutlich könnte man mit diesem Programm ein halbes Jahr en suite vor ausverkauftem Haus durchspielen.“

 

- zum Swing-Konzert 1991:

... Daß er diesmal auch noch Ansager spielte: locker, schlagfertig, mit selbstbewusster Syntax – war eine spezielle Pointe: Doetsch ist immer neu für Überraschungen gut. Und dennoch darf man fragen, was aus diesem Programm geworden wäre, hätte Doetsch nicht die famosen Musiker seiner 'sforzato'-Band. Und hätte er vor allem nicht derart unglaubliche Solisten: Bitteschön: Was machen ein Hans Petrat, ein Hans Gfäller eigentlich in Oberaudorf? Warum sind sie nicht längst dort, wo sie nach Können und Begabung hingehören: Nämlich auf professionellen Bühnen? Daß Petrat und Gfäller nebenher auch noch den ganzen Abend lang – und wie! - Trompete und Posaune bliesen, sei perplex am Rand vermerkt!“

 

- zum „Freischütz“ 1991:

... Doetsch erfüllte sich mit dieser Inszenierung wieder einen Traum... Wer hat es je erlebt, daß ein Tenor (Hans Petrat) sich – während des Singens! - von einer 40 Meter hohen Felswand abseilt? Daß der Bösewicht (Hans Gfäller) am Ende über eine Klippe taumelt und zehn Meter senkrecht in den See stürzt? Wie hier ein 'Dorfchor' eine ganze Landschaft in ein Opernhaus verwandelte (Regie: Marlene Ebener) ... Eine solche Szene vergißt man nicht, und wenn man 100 Jahre alt wird!“

 

- zu „Musikalische Lustbarkeiten“ 1992:

... Habe ich schon irgendwie geschrieben, daß Jürgen Doetsch – auf seine Weise – ein Genie sei? Recht so. Denn es stimmt. Es gibt sicher bessere Komponisten, bessere Pianisten , bessere Dirigenten. Aber wo im weiten Umkreis gibt es einen Chorleiter, der seinen Sängern ein Zwei-Stunden-Musical auf den Leib schreibt, sie zum Tanzen, Steppen und Theaterspielen animiert, aus eigenen Reihen eine Bigband gründet, diese auch noch dirigiert, dazu klavierspielt und zu alledem die Rolle des Erzählers übernimmt? “

 

- zu „Musikalische Lustbarkeiten“:

Welch ein famoses, irrwitziges, grell überbordendes Spektakel!.... So blieb auch als wohl stärkste Szene eine in Erinnerung: Jürgen Doetsch allein auf dunkler Bühne; ruhig aus einem alten Buch die Brüder Grimm vorlesend; und sich selbst dabei am Cembalo begleitend. Wenn es eine Essenz des Abends gab: Da war sie. ...dröhnende Ovationen für Jürgen Doetsch, der – wie immer man auch darüber denken mag – es einmal mehr geschafft hat, etwas Unvergeßliches, in seiner Weise Unvergleichbares zu liefern“

 

- zu „Musikalische Lustbarkeiten“:

... ein Irrwisch, gegen den das Rumpelstilzchen aus dem Märchen eine ziemlich dürftige Figur abgibt .... aus Stroh Gold machen? Nun – das kann Doetsch auch …“

 

- zur „Alpensymphonie“ 1992 im Festspielhaus Erl:

... Ein Musiker mit heißer Liebe zum Gigantischen, bildkräftig Illustrativen. Und ein Werk,daß sich an Gigantismus und Bilderreichtum schlechterdings nicht überbieten läßt – da fanden sich vermutlich Freunde für's Leben... „

 

- zur „Alpensymphonie“:

... Ich ziehe in Bewunderung den Hut vor dieser Orchesterleistung … Mal wieder einer jener unvergeßlichen Doetsch-Abende. Gigantisch. Irrwitzig. Riskant. Wüst schwankend zwischen Ärgernis und Sensation. Und insgesamt (gemessen am Orchester und der kurzen Vorbereitungszeit) frappant gelungen... “

 

- zur „Alpensymphonie“:

... Selbstverständlich könne man monieren, warum dieser hochbegabte Mann nicht den soliden Weg wählt: warum er sich nicht langsam über Mozart und Brahms nach vorne tastet? Aber – mal ganz ehrlich? Wollten Sie das wirklich? Wären Sie als Hörer nicht enttäuscht, wenn Doetsch uns nicht das Abenteuerliche, Sensationelle, Tolle, manchmal auch entsetzlich Schiefgegangene böte? Nein – er liegt als ein erstaunlicher, bizarr geformter Findling im Musikgelände. Und es wäre ein Jammer, wenn man den in handliches Format zusammenstauchen wollte ...“

 

- zur Hymne „Alles, was atmet ...“ 1994:

... wäre da nicht jener neue Finalsatz. Der ist einerseits verrückt, pathetisch, maßlos, jenseits aller Proportion. Aber er ist andererseits ein Kunstwerk von so elementarer Kraft und Virtuosität, daß man am Ende des Konzerts (nach gewaltigen Ovationen) fassungslos, verblüfft und staunend aus der Kirche wankte. Ich bekenne freimütig: Ich habe so etwas noch nie gehört ! Die Musik stand unter Überdruck wie ein Vulkan, der immer gewaltigere Klangmassen ausstößt, um sich schließlich in sich selber zu erschöpfen. Und Doetschs rigorosem Zugriff gelang es hier auch, Spätromantik und Moderne zu einer authentischen Kunstform zu verschmelzen – einer Kunstform, die man nur als Doetsch-Stil angemessen und korrekt umschreiben kann ...“

 

- Schönmetzler zur Uraufführung „Farm der Tiere“ 1993l:

Der Abend begann mit einem jener bravourösen Doetsch-Einfälle, wie man sie allein von ihm erwarten kann. … Welch Meister großer Menschenführung ist doch Doetsch! dieses aberwitzige Talent fand inzwischen seinen Weg und tut das, was es tatsächlich kann: Erfinden, improvisieren, komponieren, motivieren! Denn Oberaudorf und sein Spielort Erl schöpfen daraus Stücke, die es so an keinem anderen Ort der Welt zu sehen gibt ,,,“

 

- Schönmetzler zum Doppelkonzert Inntalchor / Musiktheater Posen 1996 in Erl:

„. Man kann über Doetschs Maßlosigkeiten, Flickschustereien, unberechenbare Ein- und Ausfälle getrost den Kopf schütteln. Jedoch als Techniker, als schierer Handwerker des Dirigierens hat er mich beeindruckt wie nie zuvor. Selbst seine Musiker bezeugten einhellig, daß dieses heillos improvisierte Unternehmen - theoretisch! - niemals hätte funktionieren dürfen; daß ein „normaler“ Kapellmeister hier von einem Schmiß zum nächsten getaumelt wäre. Aber in solchen Momenten entwickelt Doetsch Talente, die an Telepathie zu grenzen scheinen. Er will etwas. Und er bekommt es. Und vermutlich würde selbst ein Hamster-Orchester unter seiner Leitung stimmig musizieren. Er, er ganz allein hat dieses absurde Unternehmen angezettelt. Und nur er, er ganz allein, machte es selbst in seinen schlimmsten Augenblicken faszinierend...“

 

Schönmetzler am 11.7.97: „... aber es lag einmal mehr ein ganz besonderer Glanz über dem Abend; ein Feuer in und jenseits der Musik, das heißer flammte als bei „normalen“ Kirchenkonzerten. Und solange dieses Feuer brennt, bleibt eben jedes Doetsch-Konzert das Andere im musikalischen Betrieb des Alltags...“

 

Schönmetzler- Kritiken:

 

- zur „Schöpfung“ 1988 in der Kirche von Rohrdorf: FEHLT !

 

- zum Festkonzert mit Kammersänger Hermann Prey 1980:

Märchen mit Musik“

Um das ganz und gar Unwahrscheinliche, Fabelhafte dieses Konzertabends recht zu erzählen, muß man wie bei den Brüdern Grimm beginnen: „Es war einmal...“ - Also, es war einmal ein junger Mann, der vor allem die Musik liebte. Und da er bei seinen Freunden manch gute Stimme entdeckte, beschloß er, einen Chor zu gründen. Und nach fünf Jahren waren aus den paar Freunden über fünfzig Sänger geworden, die sich – Musik soll ja Spaß machen – vom Schlager bis zur Oper vorangesungen hatten. Da aber im Dorf just ein Jubiläum umging, beschloß der junge Mann, seinem Chor nun auch im größeren Kreis einen Namen zu machen. Und also übte er ein Festkonzert und bestellte sich zum Solisten Hermann Prey. (Und nun setzt der geneigte Leser seine heimische Liedertafel an die nämliche Stelle und staune ob der Tollkühnheit!)

Doch nicht nur der junge Mann – Jürgen Doetsch übrigens ist sein Name – hatte Zutrauen zum Gelingen. Auch Hermann Prey und vor allem einige Hundert Zuhörer invertierten ihr Vertrauen mit dazu. Und also war die immerhin geräumige Kirche nicht nur bis zum letzten Platz, sondern bis hinauf zur Kanzel überfüllt. (Sollte wider Erwarten einer der Beichtstühle unbesetzt geblieben sein, kann es nur an falscher Organisation gelegen haben!)

Doetsch hat wohl im Vorfeld heftig improvisieren müssen. Das Orchester fand die Chance, zum Ensemble zusammenzuwachsen, erst während der Aufführung selber. Aber hier beginnt auch das Erstaunliche. Denn sicher ist Doetsch kein erfahrener Dirigent. Dafür weiß er eindrucksvoll präzise, was er will, und vermag dies auch zwingend mitzuteilen. Und in den Augen dieses kantig knabenhaften Gesichts flackert jene nervöse Unbedingtheit, mir der man anscheinend auch die gelangweiltesten Musiker-Routiniers beflügelt. Kurz: Nach zehn wackelig unsicheren Minuten des Aneinandergewöhnens hörte man einen samtigen, weich auffedernden, überraschend innig mitatmenden Orchesterklang.

Prey betrachtet diesen Abend nicht – wie denkbar – als lästige Lappalie, sondern als Herausforderung und investierte seine ganze Kraft, all seinen Ernst und seine Kunstfertigkeit darein. Unvergleichlich, wie er dem Opernschmelz des „Ave Maria“ sein Recht gab, ohne Bachs Archtitektur darüber zu verraten. Und in der eigentlich großen Musik, bei Beethoven und Händel, war neben der Intelligenz auch die enorme Kraft dieses Sängers mitreißend zu erfahren.

Einer der schönsten Baritonstimmen dieses Jahrhunderts drei Amateure aus den eigenen Reihen gegenüberzustellen – das scheint der naiv unsinnige Schritt über jene Grenze, wo Selbstüberschätzung in Selbstmord umschlägt. Aber auch dies Unmögliche gelang: Hans Petrat (Tenor) und Hans Gfäller (Baß) hielten siche achtunggebietend; Annerl Resch, mit glockemzarten, herlich unverdorbenem Sopran, siegte im Handstreich (und Prey bewies im Duett bewundernswerte, fast zärtlich mithörende Dezenz).

Vor allem aber der Chor: Was hat Doetsch in knappen fünf Jahren aus seinen Sängern gemacht! Die Diktion ist makellos, die Präsenz, besonders bei Sopranen und Tenören überraschend; und selbst Haydnsche Presto-Fugen gelingen, als wäre Polyphonie ein jubelndes Kinderspiel. Es fehlt bisweilen die letzte Leichtigkeit und Schattierkunst, doch auch dies scheint ohne Mühe und bald erreichbar. Und zweierlei hat der Inntalchor schon jetzt bewiesen: Daß er die Zusammenarbeit selbst mit Weltstars nicht zu fürchten braucht – und daß er sie zum Erfolg nicht einmal nötig hat.

Ein kleiner Wermutstropfen will am Ende doch in den Freudenbecher gegossen sein: Jürgen Doetsch plagt neben seinem Dirigentenamt auch Komponisten-Ehrgeiz, und er scheint trotz mancher Unbehilflichkeit auf diesem Feld noch nicht einmal ohne Talent. Trotzdem hätte er der mächtigen Versuchung, eigene Werke unter Mitwirkung Preys aufzuführen, widerstehen sollen. Denn wohl gelang es ihm mühelos, Haydn wie Beethoven mit der geballten Wucht seiner Blechfanfaren zu übertönen. Fast aber hätte er damit im letzten Moment sein eigenes Konzert erschlagen.“

 

 

- zum Innkreis-Sängerfest 1983 in der Stadthalle von Rosenheim:

... besonders Doetsch zeigte, daß er Musik buchstäblich mit allen Mitteln zu machen versteht, und ritt mit seinem Inntalchor hohe Schule. Doetsch weiß genau, warum er sich seine Kompositionen selber schreibt; besonders sein „Streit der 4 Chorstimmen“ ist ein exakt kalkuliertes Bravourstück, eine komödiantisch aufgeladene Shownummer mit irrsinnigen Tempowechseln und wagemutigen Solopassagen der einzelnen Chorstimmen.. Und sein junger Chor folgt ihm dabei mit bedingungsloser Begeisterung.“

 

- zu „Eine Nacht in Venedig“ 1985:

Phantastische Nacht“ ...

Jürgen Doetsch, der seine Pläne stets so hochfliegend unberechenbar auslegt und zugleich so beharrlich auf Inntal-Enge besteht, dieser Jürgen Doetsch hat es der Kritik schon immer leicht gemacht, ihn, seinen Chor, seine Arbeit zu unterschätzen. Vor Jahren, als er ein Opernpotpourri ausgerechnet in die Reisacher Kirche versetzte, ließ sich zwar respektvoll feststellen, daß sein Chor jedem mittleren Stadttheater Paroli biete. Nur: wozu sollte das gut sein? Jetzt, nach dieser phantastischen „Nacht in Venedig“ wissen wir es: Weil Doetsch schon damals Theater im Sinn hatte, und zwar ein Theater, das an Pomp und Aufwand jedes Stadttheater übertrifft.

Als es die Vorankündigung für diesen Abend abzufassen galt, wollte ich die irrwitzige Wahrheit nicht recht glauben und flachste, Doetsch habe da wohl eine Kleinausgabe der Bregenzer Festspiele im Sinn. Ich hätte es besser wissen müsssen! Denn wenn Doetsch sich schon auf die Risiken einer Seebühne einläßt, dann will er keine Kleinausgaben. Dann will er etwas, das Bregenz zumindest im äußeren Maßstab gleichkommt.

Kurzum: Wir sahen durch Doetschs und seines Chors wahrhaft eisernen Willen zur Tat erhoben, etwas, das es vorher so nicht gab. Wir sahen, auf einer selbstgebauten!, fast fünfzig Meter breiten, stählernen Bühnenkonstruktion im Luegsteinsee, halb Venedig – mit Palazzos und San Marco, mit Arkaden, Gassen und Kanälen samt Rialtobrücke, und mit schwimmenden Gondeln und Kähnen zwischendrein.

Wir sahen an der Uferböschung ein Theater für dreitausend Menschen aufgebaut (die tatsächlich kamen!). Und wir sahen und hörten schließlich den Inntalchor, der Straussens Operette vollständig und mit teilweise glanzvollen Ergebnissen zweieinhalb Stunden auf die Bretter stellte.

Es ist schwer, hier sachlich und unbefangen vom Szenisch-Musikalischen zu reden; und fast unmöglich, so zu tun, als wäre das eine ganz normale Operettenaufführung gewesen:

Das meiste an Konzentration zerflatterte vor den schieren Sensationen dieser Riesenbühne.

Dieser Abend war nicht nur der spektakulärste, sondern auch der musikalisch reichste und reifste, den Doetsch mit seinem Inntalchor uns jemals antrug. Natürlich klang nach einer Probenwoche in vorwiegens eisiger Nachtluft manche rauher, als es in Saal geklungen hätte. Die Einstudierung selber war makellos: Die Chöre und Ensembles leuchteten. Exponierte Stellen wie die Delaqua-Serenade hatten federnde Präzision, die Vendeig-Chöre fließenden Charme. Und auch die berühmt-berüchtigte Lust der Inntaler am Komödiantischen schlug hier ungehindert durch, und machten Walzerszenen wie das „Alles maskiert“ akustisch wie optisch zum Vergnügen.

Vor allem aber erlebten wir die unglaubliche Entpuppung des Jürgen Doetsch. Denn wie hatten wir ihn bisher gesehen? Scheu. Unsicher. Bleich und mit brennenden Augen in seinen mausgrauen Wolljanker verkrochen. Diesmal aber kam er lächelnd und federnden Schrittes, in makellosem Frack und weinrotem Cummerbund, und zeigte uns, wie man Strauß dirigiert. Er machte das ganz souverän und locker aus der rechten Hand, mit einer Schlagtechnik, wie man sie so knapp und einleuchtend manchem Konservatoriums-Absolventen dringend wünschen würde. Und was daraus an Musik entstand, das schlug an Stimmigkeit und Stimmung zumindest alles, was in den letzten Jahren operettenhalber durch unsere Lande tingelte. Denn weiß Gott: Dieser Strauß hatte Schmelz und Feuer und sprühende Exaktheit und unverschämt selbstbewussten Ritardando-Charme. Manchmal war das, was Doetsch

ideell“ dirigierte, sogar noch besser und delikater als das, was tatsächlich über die Rampe kam – doch für solchen Feinschliff, für solch schimmernd weiche Zwischenfarben, wie er sie da suchte (und oft genug auch fand), ist eine zugige Seebühne nun wahrhaft nicht der ideale Ort.

Oh ja, er ist ein großer Menschenführer, dieser ephebische Jürgen Doetsch.

Wohl auch – mit hohem Respekt und leisem Schauder sei's gesagt – ein großer Menschen-Verführer. Denn welche Energie gehörte wohl dazu, aus ein paar braven Chorsolisten (beinahe) perfekte Soubretten, Buffos und Cavaliers-Tenöre zu erschaffen! Ich bekenne: Gerade diese äußerste Leistung hatte für mich etwas von einem rücksichtslos genialen Dressurakt.

Der Solisten-Preis gebührt Annerl Resch, die – am äußersten Rand ihrer Kräfte – die Primadonnenrolle der Annina sängerisch und darstellerisch doch gleich imponierend durchstand (daß sie eine leicht bewegliche Höhe hat, das weiß man seit langem; aber wo hat sie dieses fließende Bühnendeutsch her?). Petrats Piani waren zuweilen von anrührend redlicher Kultur und Schönheit. Ähnlich gut hielten sich auch Hans Gfäller und Franz Böhm als Caramello und Pappacoda (besonders Gfällers lyrisches Material im „Lagunenwalzer“ machte staunen). Wasti Berger sorgte als fistelstimmiger Senator Delaqua für Heiterkeitsstürme.

Regie führte hierbei (Chormitglied!) Marlene Ebner. Und solange es darum ging, die theaterwuseligen Oberaudorfer zu pittoresken Volksszenen zu bewegen, muß das ein leichtes Werken gewesen sein (zweihundert fabelhaft selbstgeschneiderte Kostüme wollen schließlich vorgeführt werden)!

Dreitausend Inntaler auf der grünen Wiese sind eben kein weihevoll gesammeltes Opernpublikum: Da knallen die Bierkorken, und fliegen die kernigsten Kommentare durch's Rund – aber genau diese Atmoshpäre machte den Abend auch so unwiderstehlich.

Ein Volksfest also. Und als Doetsch (oh, dieser Rattenfänger!) dann auch noch ein Feuerwerk über See und Venedig abbrennen ließ, herrschte ungezügelter Volksfestjubel: Kein Applaus – oh nein: Ein viertelstündiger Aufschrei. Eine uferlose Begeisterung, die Sänger, Musikanten und Initiatoren selbst ohne Gondeln wie auf Wogen trug.

Ganz Oberaudorf feierte da in Doetsch und seinem Chor sich selbst. Und es hatte Grund dazu.“

 

- zur „Cäcilienmesse“ 1985:

Das schwere Gold des Himmels“ … „ … ein wahrhaft imponierendes Konzert“

Jürgen Doetsch, dieser maßlos musikbesessene Ausdrucksfanatiker unter den Dirigenten der Region zeigte uns, welch ein enoprmer Reichtum an Schönheit, an Innigkeit der Kantilene, welch himmelhohe Strahlkraft in Gounods Musik liegt...

Die Cäcilienmesse, dieses Meisterwerk der unendlich sehnsüchtigen Melodien, vollzieht letztlich musikalisch nach, was die Nazarener in der Malerei vorzeichneten.

Daß diese Verklärung die pompösen Entladungen dieser Partitur erst motiviert, das durften wir in dieser außerordentlich geglückten Auffführung dankbar zur Kenntnis nehmen. Vor allem aber ließ sich hier erfahren, wie es um die Qualität des Inntalchores derzeit steht.

Imponierend wurde klar: Dieser Inntalchor ist auf bestem Wege, zu einem der großem südostbayerischen Oratorienchöre zusammenzuwachsen...

Das liegt am spezifisch inntalerischen Musikklima (das so rein und herb bereits im städtischen Rosenheim nicht mehr zu haben ist). Es liegt vor allem aber doch am Chorleiter. Unter den vielen wackeren, zum Teil hochinspirierten Musikanten dieser reichen Region ist Doetsch einer der ganz wenigen, bei denen einem das Wort „genialisch“ einfällt. In diesem Menschen kocht Musik. Er trägt keinerlei Bedenken, drei Gounodsche Klaviersätze selbst zu instrumentieren – und er trifft Gounods Tonfall mit teilweise nachtwandlerischer Sicherheit.

Sein Orchester, aus Musikverein, Peller-Ensemble und Inntaler Bläsern üppig rekrutiert, war trotz Jürgen und Peter Besig an den ersten Pulten gewiß nicht wesentlich anders als bei ähnlichen Gelegenheiten. Und trotzdem erinere ich mich nicht, von diesen Musikern jemals freiere, blühend richtigere Musik gehört zu haben,. Und obgleich Doetsch seine drei Chorsolisten Annerl Resch, Hans Petrat und Hans Gfäller im Grunde maßlos überfordert: Das Ergebnis ist eben doch kein ramponierter Laiengesang, sondern eine Summe dreier schlanker, leicht geführter Timbres von beängstigend sicherem Opern-Aplomb.

Doetsch, wo immer er etwas „zeigen „ will, scheut keine Anstrengung, keinen scheinbar noch so übertriebenen Aufwand. In Gounods „Sanctus“ etwa gibt es einen Moment, wo quasi die Welt einstürzt, wo der liebe Gott mit Megatonnen massiven Goldes vom Himmel donnert. Doetsch ließ nun für diese zwei Minuten Musik dreißig zusätzliche Posaunen auf der Empore Posten nehmen und (fabelhaft synchron) mitspielen. Und der Himmel kam herab. Und der Effekt war so niederschmetternd überwältigend, daß alle Vernunft – und alle Kritik – davor verstummte. - Ein Irrer, dieser Mann. Aber auch: was für ein Zauberer.

Riesiger Beifall“

 

- zum „Opernabend“ 1986 im Festspielhaus Erl:

Die Über-Oper von Erl – Beobachtungen beim jüngsten Musikabenteuer des Inntalchors“

Das Unberechenbare, wenn es regelmäßig auftritt, wird irgendwann doch zur berechenbaren Größe. So auch der Inntalchor und sein erstaunlicher Leiter Jürgen Doetsch.

Jetzt also ein Opernabend! Zumindest eines schien da vorab klar: Es mußte wohl auch diesmal etwas „Tolles“ sein, etwas Spektakuläres, Grandioses, vielleicht auch nur grandios Geschmackloses. Doch etwas Einmaliges auf jeden Fall. Denn drunter tut Doetsch es nicht. Fast zweitausend Leute kamen so bei strömendem Regen nach Erl, um sich das anzusehen.

Und wie es da spektakulär zuging: Mysteriöses Dunkel auf der Bühne. Drauf ein Großorchester, mit dem sich auch zur Not der „Nibelungenring“ hätte besetzen lassen. Und dann? Nein, keine Oper, sondern die Ouvertüre aus der „Feuerwerksmusik“: In riesig romantischem Klang, mit breiten Akzenten und schwärmerischer Phrasierung. Und erst in diesem feierlich durchtönten Halbdunkel schob der Chor sich auf die Bühne: Nicht irgendwie, sondern streng in einem ruhigen Ritual: Plötzlich strahlendes Bühnenlicht. Und der Chor stemmte ein „Wach auf“ (aus „Meistersinger“) über die Rampe, kolossal genug, um einige schreckhafte Zeitgenossen buchstäblich aus den Sesseln zu heben. So stilistisch aberwitzig, aber auch so abgefeimt effektvoll versteht man mittlerweile hier beim Inntalchor zu zaubern.

Gezaubert wurde weiterhin: Asymetrische Choraufstellungen oder verruchtes Rotlicht für „Carmen“. Und wie sollte man dies alles deuten? Als eine Art gigantomanisches Sonntagskonzert? Als bloß effektvoll aufgetischten Mischmasch? Eher nein. Denn Doetsch, der ja das Potpourri als Stilform über alles liebt und es bis in die Sprachverwirrung hochzusteigern weiß. Dieser Doetsch liebt es nicht minder, seinen Programmen eine zwar konträre, aber doch gerade in ihren Reibungswiderständen interessante Hohlform aufzustülpen. Und was sich hier begab, das schien gewissermaßen eine Über-Oper, ein szenisches Oratorium auf das Thema Musiktheater.

Die Spannweite dieses Oratoriums reichte von „Tell“ zu „Aida“ und „Lohengrin“. Vom Teuersten das Beste sozusagen. Doch auch darunter hat es Jürgen Doetsch noch nie getan. Sensationell dabei, wie dieser genialische Autodidakt inzwischen einen solchen Riesenapparat beinahe mühelos zu beherrschen weiß. Wie er, mit seiner ganz uneitlen, sinnfälligen Zeichengebung ein weiß Gott zusammengewürfeltes Orchester in drei Proben auf einen Standard hebt, vor dem manch wohlbestallter Profi eigentlich erbleichen müßte...

Doetschs Unternehmen gleichen immer noch ein bißchen einer riesengroßen, riesenbunten Geisterbahn. Doch mittlerweile ist es wohl die beste, die vergnüglichste und auch die musikalichste Geisterbahn, die weit im Rund geboten wird.

 

- zu den „Jahreszeiten“ 1988 in der Stadthalle Rosenheim:

Haydns Welt im Disco-Glimmer“ - „Musikverein und Inntalchor mit den „Jahreszeiten“ : ein spannendes, doch problematisches Experiment“

Zunächst, vor allem, was zu sagen bleibt, gilt es dem Rosenheimer Musikverein, dem Inntalchor und beider – erstmals gemeinsamer – Leiter Jürgen Doetsch von Herzen Glück zu wünschen für eine technische Leistung. Sie haben eins der umfangreichsten Oratorien in frappierend kurzer Zeit sich angeeignet. Sie haben – bewundernswert im Orchester, respektgebietend im Chor – eine Aufführung mit Höhepunkten, mit erheblicher Instrumentalkultur und wuchtigen Choreffekten geboten.

Eine Aufführung, die eines nie war: langweilig.

Daß die unendlich differenzierten drei Stunden leidlich unbeschädigt über die Rampe kamen, darf als Wunder, mindestens als immense Leistung gelten.

Natürlich blieb der Abend ein Ritt über den Bodensee. Man hörte – zumal im ersten Teil – das Eis unter den Füßen knacken. Aber: Es trug. Was ich bereits vor Jahren vom Musikverein schrieb, das gilt immer noch: An diesem Chor ist sehr viel Arbeit nötig. Und hätten nicht die Inntal-Sänger mit ihren kräftigen Männerstimmen ausgeholfen, hätten nicht Doetschs junge Leute dem Chortimbre einen Anhauch von naiver Frische mitgegeben: Es wäre herbstlich trüb geblieben in Haydns Jahrepanorama.

Auch Doetsch fand – in seinem eigenen Interesse muß ich sagen - Gott sei Dank - hier seine vorläufigen Grenzen. Mit den eigenen Leute kann er walten wie ein Gott. Doch in der kühlen Luft eines traditionellen Konzert-Ensembles wurde fühlbar, daß zwischen Genialität (die hat er) und korrekten Auftakten (die hat er nicht) noch eine stattliche Strecke Weges liegen kann.

Gar keine Frage: Dieser Abend hatte Feuer, einen jugendlichen Charme, wie ich ihn beim Musikverein kaum je so hörte. Aber gleichfalls keine Frage: Unter Poschners Leitung saß man ruhiger, um das Heil der kommenden Minute weniger besorgt im Sessel.

Soweit das Technische. Zur Sache. Und hier muß ich meiner Enttäuschung, meinem Ärger Ausdruck geben. Kurz gesagt: Ich habe den bestimmten Eindruck, daß Doetsch das Stück zunächst nicht mochte. Die Indizien hatten wir sichtbar vor uns: Deren erstens waren persönlicher Natur: Ich habe Jürgen Doetsch noch nie so nervös gesehen: Ob er eine Minute vor Konzertbeginn noch Stühle rangierte. Ob er die Verbeugung nutzte, um seinen Klaviersessel nachzudrehen. Ob er während des Stücks mit den Solisten Diskussionen anfing. Ob er am Schluß das Händeschütteln und den eigenen Abgang vergaß. Ob er für den Blumenstrauß, den man ihm überreichte, selbst den Plastikeimer auf die Bühne schleppte. Es gab kaum ein Fettnäpfchen, in das Doetsch nicht trat. Nun wäre all das für die Qualität der Musik unerheblich ( und da war Doetsch – als Dirigent wie auch als Cembalist) – von höchster Konzentration). Aber es war immerhin ein Zeichen, wie die Sorge ihn beanspruchte. Wie extrem gleichgültig ihm das Äußere, Publikum, Sänger und die eigene Reputation, gegenüber der Last der Aufgabe wurde.

Wunderbar. Möchte man sagen: Doch das war es eben nicht. Denn in der ganzen Geschichte des Musikvereins war nie ein Oratorium so sehr auf Äußeres , auf schiere und banale Optik angelegt. Nie war die Musik so plakativ – zum Teil so widersinnig – mit Effekten zugepflastert.

Doetsch, wir wissen es und haben es als Stärke schätzen gelernt, hat einen ausgeprägten Sinn für's Szenische, Seine „Carmina burana“ werden uns unvergeßlich bleiben. Doch die „Jahreszeiten“ sind eben keine Oper, sondern deren Gegenteil. Wer da glaubt, er müsse die Musik illustrieren, der macht Haydns Welt nicht reicher. Der beraubt den Hörer um das Recht, die inneren Farben der Musik zu hören...

Die Solisten: Dem in Formfragen sensiblen Waldemar Wild quoll die Mißbilligung aus allen Poren. Doch als Basist überragte er berghoch die Aufführung...

Was aber soll man insgesamt sagen? Was – wenn überhaupt – soll man hier raten? Einmal dieses: Jürgen Doetsch hat es mir seiner Energie, mit seinem Charisma ganz offenbar verstanden, den Musikverein zu verzaubern, zu verjüngen. Diese Chance darf nicht preisgegeben werden. Andererseits war die Methode, mit dem verbindlichen Auftrag „Jahreszeiten“ bei Doetsch anzuklopfen, sicherlich der falsche Weg: eine Versuchung, zu verlockend, als daß der hochbegabte, zu Recht ehrgeizige junge Mann ihr hätte widerstehen können. Was jetzt nötig wäre: Gegenseitige Erziehungsarbeit: Doetsch kann diesem Orchester, diesem Chor seine Glut einhauchen: Ein Feuer, das man an diesem Abend mindestens erahnen konnte. Der Musikverein indessen müßte Doetsch das fehlende Handwerk, die Routine, auch – die Umgangsformen lehren. Und vor allem Ehrfurcht: jenen heiligen Respekt vor einem Kunstwerk, der aus bloß genialen Experimenten erst verantwortliche Interpretation macht.“

 

 

- zum Festkonzert 1988 im Festspielhaus Erl:

Ein Neuanfang – und was für einer“ oder:

Wie Jürgen Doetsch aus einem Notprogramm das Beste machte“

Als Doetsch vor fast zwölf Jahren seine ersten Programme wagte, muß er wohl davon geträumt haben: Von einem Orchester, einem Riesensaal mit fünfzehnhundert Hörern.Von ganz großer Oper, von Konzerten, eigenen Kompositionen. Und natürlich von sich selber: In elegantem Schwarz, mit souveränen Gesten, lächelnd, musikalische Details auskostend, Hände schüttelnd, dem frenetischen Applaus bescheiden wehrend. So erlebten wir denn eine neue Wandlung des Chamäleons Jürgen Doetsch: Den souveränen, schnörkellosen Dirigenten. Karger, disziplinierter hat man ihn noch nicht erlebt. Kein buntscheckiges Lichtspiel, keine Inszenierung lenkte von der Musik ab … Und Doetsch zwang uns zum ersten Mal, ihn nicht als großen Zampano und genialen Irrwisch anzunehmen. Sondern ausschließlich als Musiker... Nun: Dem kamen wir gerne nach. Man begann mit Ouvertüre und Finale aus Humperdincks „Hänsel und Gretel“ … Doetsch ist fesselnd immer dort, wo er Extreme angeht … Eine unvermutet schöne Aufgabe bekam Peter Besig als erster Cellist der Fantasie „Ack, Wärmeland“. Hier ist dem Komponisten Doetsch wahrhaftig etwas Feines gelungen: Kammermusik. Ein liebenswert romantisches Salon-Stück für fünf Solo-Celli, Tenor, Chor und Orchester, in einem ruhigen, zärtlichen, ein bißchen sentimentalen Grieg-Tonfall: Linie, Atem, kurzum: „Stil“, das war hier mindestens zum Greifen nahe... Uneingeschränkter Beifall gebührt Doetsch als Konzert-Begleiter. Jürgen Besig, der mit ihm Beethovens F-Dur-Romanze interpretierte (mit gewohnter Kultur, lyrisch dezent und ohne alle billigen Sentimentalitäten): Besig durfte sich hier völlig sicher fühlen; nirgends übervorteilt, immer werkdienlich geleitet...

Die beiden „Peer Gynt“-Suiten: Momente einer Aufführung, über deren Gesamt-Gelingen man in Bewunderung versank...

Wer hätte damit gerechnet, daß er, der sowas immmerhin zum ersten Mal tat (auswendig wie gewohnt), eine satte Stunde Sinfonik derart souverän durchlaufen würde. Daß sein gestückeltes Orchester derart differenziert und „spannend“ klingen könnte! Man kann Doetsch wohl tadeln, daß er nur den Effekt sucht. Aber mit wie leichter Hand weiß er ihn jetzt zu finden!

Er wirkt manchmal wie der Leiter einer Kurkapelle ( wäre nicht heller als je, das innere Brennen).... Und wenn Doetsch seine Musiker auch frappierend sicher durch Wagners „Abendmahlsmusik“ geleitete (selbst alte Orchesterhasen hatten vorher fühlbar weiche Knie): Für die Transzendenz dieser Musik war man doch zu sehr ( eine Probe !) mit der Erfüllung der Noten beschäftigt. Eine tolle Leistung, sicher! Ich weiß nur nicht recht, wozu sie gut war. Aber vermutlich sollt sie uns nur beweisen, daß Doetsch, wenn's sein muß, mit einem Amateurorchester sogar „Parsifal“ aufführen kann. Nun gut, es ist bewiesen. Sagen wir erleichtert Amen... Und der Inntalchor stand wie aus dem Hut gezaubert an der Rampe. In den gleichen bunten Sommerkleidern, die uns bei den „Jahreszeiten“ nervten. Sodann: Exit Chorus: Wiederauftritt. Und auf einmal trug man einheitlich Schwarz. Eine unnachahmliche Doetsch-Idee: Provokation und Ironie und Selbstkritik in einem... Natürlich ist dergleichen irgendwie lächerlich und ehrpusselig. Aber es ist auch rührend. Man muß Doetsch letztlich dafür lieben. Denn seine Verletzlichkeit korrespondiert halt doch immer mit einer riesigen Begabung. Und er hat ja immerhin bewiesen, daß er auf gutem Wege ist, vom unordentlichen Genie zum ordentlichen Kapellmeister zu werden (was zuweilen mehr ist). - Glückwunsch dafür. Glückwunsch für den Abend.“

 

- zur Uraufführung „Max und Moritz“ 1989:

Lust für Kinder – Wonne für Erwachsene“ -

Der Inntalchor mit Jürgen Doetschs szenischer Kantate „Max und Moritz“ in Oberaudorf:

Kluge Komponisten haben immer gewartet, viel geschrieben und noch mehr zerrissen, ehe sie ein Stück für gut genug befanden, um bescheiden „Opus 1“ darauf zu schreiben.

Mit allem Respekt, nach langen Jahren des Beobachtens, Bewunderns und Verzweifelns, möchte ich Jürgen Doetsch hiermit empfehlen, „Opus 1“ vor seine szenische Kantate „Max und Moritz“ hinzusetzen. Denn mit diesem Kinderstück wurde er als Komponist erwachsen.

Es ist schwer, nach einem so geglückten, streckenweise zum Johlen lustigen Abend ernst zu bleiben. Doch die Sache verdient es: Fragen wir deshalb fern aller Turbulenzen, Gags und Koboldschläge: was hat Doetsch komponiert? Natürlich Wilhelm Busch. Die sieben Streiche, wortgetreu und ohne Abstrich. Der personelle Aufwand ist beträchtlich: sechs Solisten, ein Sprecher, neun Kleindarsteller, dazu Männer-, Frauen- und gemischter Chor. Statt des Orchesters aber nur ein Trio mit Klarinette, Tuba und Klavier.

Dieses Trio begleitet übrigens nicht Haß. Es liefert jedem der sieben Streiche auch die Ouvertüre: Schräge, virtuose Mischungen aus Blasmusik, Jazz und Operette. In den Liedern und Ensembles gibt es Anspielungen auf Orff u. Mussorgsky, auf die „Meistersinger“ und Franz Léhar. Nur: Zum ersten Mal haben Doetschs Raubzüge nichts Naives an sich. Erstmals wirkt das alles boshaft absichtsvoll, als eine spezifisch musikalische Komik. Unwiderstehlich, wenn zum Beispiel Schneider Böck durch krachendes Gebälk ins Wasser plumpst. Und wenn Hans Petrat dann zur Unglückssstelle tritt und statt zu helfen, wie ein Operetten-Lohengrin zu schmelzen anfängt. „Grad – als dieses vorgekooommen, kommt – ein Gänsepaar geschwooooommen ...“. - Solche Momente macht Doetsch keiner nach.

Geradezu unglaubwürdig, was dieser Mann seinen Sängern zutraut (und von ihnen auch bekommt)! Er trennt nirgends zwischen Sprechen und Singen, zwischen Sologesang und Chor. Alles fließt ineinander, passiert stellenweise sogar gleichzeitig. Er läßt seine Leute auch nicht einfachen Choralsatz bringen. Sondern bürdet ihnen das Gegackere von Hühnern, das sanfte Schnoben einer Tabakspfeife, das Klickern eines Mühlrads, Volksgemurmel und Gelächter, kurzum: eine ganze Skala komponierter Geräusche auf. Und dies oft genug in einer Polyphonie, deren einziges Gesetz es scheint, allen Gesetzen Hohn zu sprechen.

Aber es funktioniert. Die Inntalsänger interpretieren das Werk ihres eigenen Maestros wie die Weltmeister. Was am Papier konfus aussieht, klappt auf der Bühne suggestiv. Und das Gesamtergebnis? Nun, ich würde gerne (und ganz ohne Bosheit) sagen: eine brillante Antwort Bayerns auf den Mainzer Karneval. Jenes Programm, von dem die Gonsbach-Lerchen seit Jahrzehnten träumen …

Genug Theorie: zur Praxis! Die Oberaudorfer haben sich ein improvisiertes Gerüst an die Rückwand ihres Kursaals gebaut: Zwei Podien für den Chor. Dazwischen ein Turm mit drei Etagen für Spielszenen und Solisten. Der Auftritt des Ensembles lief quer durch den Saal, fast wie der Einzug der Musikanten in ein Bierzelt: Doetsch mit Ziehharmonika vorneweg. Er spielte auch selbst Klavier an diesem Abend und verspielte sich pro Minute öfter als ein Pianist in einer ganzen Saison. Aber das macht nix: Als Komponist darf er.

Auch die Darsteller – allen voran Max (Sabine März) und Moritz (Wendy Rauch) – hatten wie wahnsinnig zu tun. Mußten nicht nur sprechen, mimen, über Gerüste turnen, lebensecht durch angesägte Bretter krachen. Sondern mußten nach dem Auftritt sofort zurück in den Chor und weitersingen: Denn das ist der Trick: Doetsch läßt nicht durchgehend Theater spielen. Alle Aktionen bleiben Momentaufnahmen; kleine, sorgsam gestellte Bilder. Eine Art Comic Strip mit Zwischentexten wie bei Busch.

Man kann die vielen Darsteller – Martin Resch (Böck), Wasti Grad (Onkel Fritz), Toni Heppel (Bäcker), Georg Steigenberger (Bauer), Sepp Haimmerer (Müller) – deshalb auch nur pauschal rühmen. Allenfalls für Traudl Schmidt als Witwe Bolte reicht das generelle Lob nicht aus : Das war so „echt“ und so urkomisch – eine Augenweide.

Der genialste Einfall dieses Abends: Lehrer Lämpel. Der Tubaspieler Wasti Baumann packt da ganz langsam seine Noten zusammen. Schreitet sinnend über die Bühne. Und beginnt statt einer Pfeife seine Tuba (!) zu rauchen. Worauf die nach zwei melodischen Zügen explodiert; allerdings ein Stückchen Messingrohr verbleibt dem Ärmsten. (Auch Onkel Fritzens Maikäfer – gut ein Dutzend aus der Tiefe krabbelnder Choristenhände – erbrachten solch eine perfekte Bild-Umsetztng). - Co-Regisseurin neben Doetsch: Marlene Ebner.

Solistische Glanzpunkte? Vor allem Hans Petrat, Hans Gfäller und Annerl Resch sowie das wunderbare Klarinetten-/Tuba-Duo Guido Sperl und Wasti Baumann. Susi Raschke, Vroni Waller und Franz Böhm leisteten in ihren kleineren Partien überzeugende Hilfsdienste.

Heinz Gorr blieb als Erzähler stoisch unerschüttert.

Es wurde herzzerreißend viel gelacht an diesem Abend, so daß der Schlußapplaus trotz Ovationen schon ein bißchen erschöpft klang. Vermutlich könnten Doetsch und der Inntalchor mit diesem Programm ein halbes Jahr en suite durchspielen. Aber sie tun es leider nicht. So bleibt uns denn als einziger Trost, daß wir das Werk demnächst gedruckt studieren und an talentierte Schul- und Opernensembles rings im Lande weiterreichen können.“

 

- zur „Symphonie 2000“ am 9.9.89 im Festspielhaus Erl:

Hans-Jürgen Doetschs „CREDO“ - Uraufführung ein spektakuläres Ereignis“

Beim Anblick der Plakate befiel manchen Leser Heiterkeit. War das nicht wieder einmal typisch Doetsch? Daß der Musik-Rastelli aus Oberaudorf nicht vor einer Sinfonie zurückschrecken würde – damit war zu rechnen. Aber konnte man von ihm wohl eine schlichte Nr. 1 erwarten? Nein, gewiß nicht. Nun war also Klarheit: „Symphonie 2000. Die Geschichte der Erde in sechs Sätzen.“ -

Darunter greift ein Doetsch halt nicht zur Feder. Und selbstredend reicht hier auch kein gewöhnliches Orchester: Wir erlebten einen Apparat, gegen den die 'Alpensymphonie' von Strauss sich eher bescheiden ausnimmt. Neben spätromantischer Besetzung waren da Klavier und Orgel, Glocken, Tamtam, Schlagzeug, E-Gitarre, Saxophone, Bach-Trompeten, Tuben und vier Alphörner (davon eines für das Werk neu konstruiert)!). Dazu Gesangssolisten und Chor. Auf der Bühne gab das ein enormes, aber auch absurdes Bild: Musiker bis in die höchsten Höhen des Theaters. Und ganz oben als Krönung ein gotisches Himmeltor. -

Nein, wahrhaftig. Selbst als Symphonien-Autor weiß Doetsch genau, wie man pompöse Oper inszeniert.

Der Saal: weitgehend vollbesetzt. Neugierde, Heiterkeit und Skepsis schwirrten durcheinander. Was in der Region mit Musik zu tun hat, kam beinahe vollzählig. Nur die vordersten Reihen blieben dünn besetzt – vermutlich ein Akt der Vorsicht. Denn wo Doetsch an einem Abend die Welt erschaffen und in Trümmer legen wollte – da schien für gemeine Erdenbürger etwas Sicherheitsabstand ratsam.

Nur: was hatte Doetsch nun wirklich vor? Sein handschriftliches Programmblatt kämpfte eher unbeholfen mit Begriffen. Die Beschreibung des ersten Satzes namens „Entstehung“ jonglierte mit Wörtern wie Urknall oder Geburt des Menschen. Im zweiten Teil „Paradies und Kindheit“ war von Glück und Frieden die Rede. Satz Drei sollte „Sündenfall und Reife“ künden. Vier und Fünf umschrieben „Freude und Trauer“. Das Finale „Tod und Gericht“ beschwor dann letzte Dinge...

Ich glaube, ich bin dem Leser eine Beschreibung des Riesenwerks selber schuldig.

Ich wähle dafür als Beispiel den 1. Satz. Daß Doetsch die 'Finsternis' vor Anbeginn der Schöpfung wörtlich nehmen würde, durfte niemand wundern. Tiefe Nacht umzog den Erler Saal. Dann kam ein Orgelpunkt mit einem feingliedrigen Solo der Schlagzeuger: Kleine, hingestreute Pauken- und Trommelwirbel, pianisssima-Beckenschläge, Rasseln, Holz auf Holz. Bis sich nach Minuten die Klangfolie verdichtete. Am dröhnendem Gipfel fiel jäh Licht auf einen Alphornbläser in der höchsten Bühnenhöhee, der – umheult von einer Windmaschine – ein Motiv des Glaubens paraphrasierte. Danach helleres Licht, aufwirbelnde Streicher und ein Bläserchoral. Die Posaunen intonierten das Hauptthema...

Bald jedoch wurde es in sich kontrovers: Jähe Kadenzen, massive Posaunenschritte – dann das Horn mit wilden Rufen, die den Weg freibahnten für ein zauberhaft poetisch ins Orchester eingebundene Tenor-Blockflöte...

Dem leicht erschöpften Leser mag das alles sonderbar vorkommen: eine musikalische vorgestrige Anekdotensammlung; unausgeglichen und stilistisch widersprüchlich, voller Plagiate und Zitate. Aber hatte Doetsch uns nicht auf seine Art tatsächlich eine Weltschöpfung erzählt – nämlich eine aus dem Geist der Musikgeschichte? Und war das Ergebnis trotz der Wechselbäder nicht von hoher Faszination gewesen? - Später, in der Pause, erhitzten sich daran die Gemüter. Verrückt – aber brillant. So klang der allgemeine Tenor. Breitwand-Kitsch; jedoch in meisterhafte Instrumentierung.

Der zweite Satz, weitgehend lyrisch, führte das vorhandene Material dann weiter, wobei Jazz-Elemente immer mehr Substanz gewannen. Am Ende allerdings: Ein schwärmerisch aufschwingendes „Sopran“-Melisma im Stil des „Ave Maria“ ( Annerl Resch brachte uns hier mit Engelsstimme einmal mehr zum Staunen).

Im dritten Satz verband sich eine schwerblütige Cello-Melodie von neuem mit den Saxophonen und der Solovioline ( Doetsch hat diese Instrumente im Programm mit Adam und Eva und der Schlange gleichgeschrieben). Eine art langsamer Walzer leitete zum Klaviersolo, wo Doetsch selbst Fräulein Adeline aus dem Hause Clyderman vorübereilend grüßte. Üppige Orchesterfarben. Bis nach steilem Trugschluß der Klang ins Moll umkippte und auf einem Orgelpunkt versank.

Soweit die Situation zur Pause. Und wir wollen gleichfalls Pause machen und das Geschehen erwägen. Denn wir hörten Doetsch ja nicht nur als ideenreichen Komponisten; wir erlebten ihn zugleich als Dirigenten. Natürlich kennt er seine Partitur auswendig (vermutlich gibt es gar keine, außer in seinem Kopf). Aber er „kannte“ sie eben nicht nur. Er durchlebte sie so intensiv, daß sein weiß Gott zusammengestückeltes Orchester wie das Räderwerk einer Gedankenfabrik funktionierte (ich habe so etwas noch nie erlebt: ein Musiker, der nicht mehr „dirigiert“ - also konkrete Weisungen erteilt; sondern die innere Musik gewissermaßen in den Raum hinaustülpt und damit den Raum zum Klingen bringt). Daß Doetsch auch noch öden riesigen Klavierpart selber (glänzend) spielte, schien nur konsequent in dieser wunderbaren Egozentrik. Keine Ahnung, wie er all das zusammenhielt. Vermutlich dirigiert Doetsch telepathisch.

Der vierte Satz stand isoliert, doch als ein Glanzpunkt, im Gesamtwerk: ein hinreißender Dialog zwischen Klavier, Jazzband und Orchester. Stilistisch war das makellos geschlosssen, dazu sprühend witzig – eine Eloge auf den Ragtime.

Der fünfte Satz dunkelte die Atmosphäre dann wieder behutsam ab: das Orchester verlor sich in gebrochenen Herbstfarben. Insgesamt: Ein Intermezzo. Eine kleine Überleitung zu etwas Großem. Denn nun setzte Doetsch auch seine Zweifler in Erstaunen.

Dieser letzte Satz! Doetsch gab ihm als Grundlage eine der mächtigsten Prophetien des Alten Testamentes „Der Tag des Herren ist nahe, der gewaltige Tag“ (Zefanja 1,14 – 2,3). Und er türmte diesen Text zu einem großräumigen Chorsatz auf. Eine Musik so voller Strenge, Wucht und Konsequenz. Eindrucksvoll: Der a-cappella-Teil „Ein Tag der Wolken“. Und unglaublich der Moment, als endlich der Chor die Zeile „Da jage ich den Menschen Angst ein“ nicht mehr sang, sondern gesprochen deklamierte; um die Folgestrophe „Ihr Blut wird hingeschüttet“ dann in wilde Polyphonien aufzulösen.

Nach dem Chor stand – wieder wortlos – eine Vision des Paradieses. Ein ausuferndes Nachspiel mit Fernorchester und Alphörnern aus der Höhe …

Kein Konzertbeifall ist einem andern gleich. Der hier war einzigartig. Und man könnte ihn umschreiben mit: Bedrückter Enthusiasmus. Natürlich gab es Ovationen. Natürlich wurde Doetsch mit Bravos gefeiert. Dennoch war es ein Applaus auf Zehenspitzen. Und am Vorplatz des Passionstheaters herrschte statt der üblichen Tumulte Schweigen.

Klar: Wir alle wußten, daß Jürgen Doetsch ein toller Kerl sein kann. Doch dieser Abend – voller Trivialitäten, Irrungen und Überzogenheiten – machte eines klar: Jürgen Doetsch ist nicht nur irgendwie begabt. Er ist auf seine Weise ein Genie. Vielleicht sogar das einzige, das wir in dieser Gegend haben.“

 

 

- zum Kirchenkonzert 1990 in der Klosterkirche Reisach:

Fast ein schönes Kirchenkonzert … Oder wie Doetsch in Reisach einen Erfolg verspielte“

... Reichen fünf grundärgerliche überflüssige Minuten, um das Urteil über ein Konzert zu sprechen? Nein, sie reichen nicht. Und deshalb sei hier mitgeteilt: Fast eine Stunde lang sah es so aus, als würde Doetsch mit seinem Inntalchor ein seriös gebautes, einspruchslos geglücktes Kirchenkonzert gelingen...

Doetsch begann mit Brittens Kantate „Rejoice in the Lamb“ - ein Schmuckstück für begabte kleinere Chöre...

Wie intelligent, mit wieviel Fingerspitzengefühl dieser Chorleiter Programme gestalten kann, bewiesen auch die folgenden a-capepella-Sätze. Denn zunächst erschien es eher widersinnig, Strawinskys „Pater noster“ mit Bruckners „Locus iste“ und „Ave Maria“ zu verbinden. Doch es paßte. Strawinskys Tonfall schlug organische eine Brücke nach vorn zu Britten. Und er klang in seiner Modalität doch zugleich herber, „gregorianischer“ als Bruckners Spätromantik. Auch hier blieb eine solide, von Überschätzung freie Chorleistung zu rühmen...

Den Abschluß bildeten drei Sätze der „Deutschen Messe“ von Schütz:

Der ernsthaft, fast schon vernichtende Makel kam erst jetzt. Ich frage nur:

Wenn man bei Schütz so stimmig und auch mit Geschmack begann: Muß dann der „111. Psalm“ mit Paukenwirbeln zugedonnert werden? Wenn man einen gabzen Abend lang so redlich der Musik diente: Muß man dann am Schluß mit einer selbstinszenierten Bläserorgie á la Doetsch all diese Atmosphäre in Grund und Boden schmettern? (Dem bewunderswert vielseitigen Hans Petrat gelang dabei ein fabelhaftes Tromopetensolo; aber das steht nicht zur Debatte.). Und wenn einer schon entschlossen ist, die Herren Britten, Strawinsky, Bruckner und Schütz derart mit einem echten Doetsch zu deklassieren: Darf er dann auch noch Bachs d-Moll-Toccata gleichsam als roten Teppich ausrollen, um darauf die Ehrenformation des Beifalls abzuschreiten“? Nein, es tut mir leid: Doch dieser Gag – Bach als Applaus-Verstärker – war so irrsinnig geschmacklos, daß er das Konzert entwertete.

Wann endlich wird dieser enorm begabte Jürgen Doetsch den Hochmutsteufel aus seinem Herzen reißen, der ihm sein schönstes Programm zusammenschlägt?!

 

- zum Gründungskonzert des „Inntal-Orchesters“ im Festspielhaus Erl am 20.5.90:

... Jedenfalls hat uns Doetsch in Erl das wohl größte und auch beste Symphonie-Orchester vorgestellt, das je im Landkreis musizierte …

es wurde – beinah ohne Einschränkung – ein hinreißendes Programm …

Nicht allein das Publikum jubelte. Auch im Orchester applaudierte man dem selbsternannten Chef spontan und anerkennend. Klar – es war nicht gerade Neuland, was Doetschs Mannen hier betraten. Solche Zugnummern (wie Offenbachs „Gaité Parisienne“, Suppés „Dichter und Bauer“, Saint-Saens „Rondo Capriccioso“ ...) „kann“ ein Orchestergeiger im Schlaf.

Und trotzdem: Stand da nicht am Podium ein junger Mann, der nie professionell Musik erlernte, der nie ein Dirigentenstudium genoß? Und fegte uns der junge Mann hier nicht ein Programm um die Ohren, bei dem – im besten Sinn – die Fetzen flogen?

Ich habe Doetsch vor Jahresfrist „auf seine Weise ein Genie“ genannt und dafür manche Prügel bezogen: doch ich fürchte, ich muß weiter bei der Behauptung bleiben...

Daß der Abend auch noch Edleres zu bieten hatte als bewährte Reißer; dafür sorgten die Solisten: Peter Besig mit erlesen zarten Cello-Kantilenen und vor allem Jürgen Besig, der dem „Rondo Capriccioso“ allen selbstgefälligen Schwulst abschlackte: Ein Beispiel, wie man flirrende Bravour mit äußerster Zurückhaltung verbindet. Wie man Virtuosität ganz selbstverständlich herstellt, ohne sie auch selbstgefällig darzustellen...

Dieser Erler Abend hat uns alle viel gelehrt:

Wir erfuhren, daß der Rosenheimer Landkreis ein Orchester bieten kann, das nicht allein an Größe, sondern auch an Qualität die Graunkes mühelos an jede beliebige Wand spielt... „

 

- zum Swing-Konzert am 2.3.91 im Turner Hölzl in Rohrdorf:

Musikalische Cocktailparty – Swing-Konzert mit Doetsch und seinem Inntalchor“

... Manchmal hat man das Gefühl, Jürgen Doetsch ergreift zuerst von einem Raum Besitz und stellt hinterher erst die Frage, womit dieser Raum zu füllen sei.

Seine unvergessene „Nacht in Venedig“ war ein Produkt der Szenerie am Luegsteinsee, die „Carmina burana“ eine Antwort auf das Passionsspielhaus in Erl.

Jetzt hat er Rohrdorfs riesige Mehrzweckhalle für sich erobert. Buchstäblich: Erobert.

Statt die (zugegeben mickrige) vorhandene Bühne zu benutzen, ließ er eine gigantische neue konstruieren: Wir hörten alles, was von Gershwin und Bernstein, von Jerome Kern und Irving Berlin gut und teuer ist. Nur – selbstverständlich hörten wir es nicht im Original, sondern im O-Ton Doetsch: Kein Arrangement, das er nicht selbst geschrieben und kein Stück, das er dem eigenen Geschmack nicht zugebogen hätte. Ein Teil der Arrangements war mit sehr heißer Nadel gestrickt. Die sonst vorzüglichen Grasssauer Bläser hatten ihre liebe Not, mit den vertrackten Sätzen zurechtzukommen.

Und trotzdem war das Konzert ein riesiger Erfolg: Doetsch ist ein Genie der Improvisation und dort am besten, wo die Improvisation in Stil umschlägt. - Das gelang hier.

Selbst Pannen wirkten als notwendiger Teil des Ganzen: Untrennbar mit Doetschs Person verbunden, der, klavierspielend und dirigierend, seine Musik im wahrsten Sinn verkörpert. Daß er diesmal auch noch Ansager spielte: locker, schlagfertig, mit selbstbewusster Syntax – war eine spezielle Pointe: Doetsch ist immer neu für Überraschungen gut.

Und dennoch darf man fragen, was aus diesem Programm geworden wäre, hätte Doetsch nicht die famosen Musiker seiner 'sforzato'-Band. Und hätte er vor allem nicht derart unglaubliche Solisten:

Bitteschön: Was machen ein Hans Petrat, ein Hans Gfäller eigentlich in Oberaudorf? Warum sind sie nicht längst dort, wo sie nach Können und Begabung hingehören: Nämlich auf professionellen Bühnen? (Andererseits: Wie kostbar, daß es so etwas noch gibt – Selbstunterschätzung?)

Ich riskiere hier bewußt ein großes Wort: Hans Petrat sang Bernsteins „Maria“ reiner und Kanders „New York“ strahlender, als der so überschätzte Peter Hofmann es derzeit auch nur im Traum hinbrächte (nicht weil Petrat der bedeutendere Sänger wäre, sondern weil seine Stimme gerade erst aufgeblüht ist). Auch Hans Gfäller brachte „Ol' man river“ und „My way“ im Glanz eines begabten Lied-Bassisten, der das Musical als Kunstform statt als Schmiere nutzt.

Daß Petrat und Gfäller nebenher auch noch den ganzen Abend lang – und wie! - Trompete und Posaune bliesen, sei perplex am Rand vermerkt!

Hinreißend: Guido Sperl mit seinem Saxophon-Solo in „Misty“. Doetsch ließ ihn im Lichtkegel des Spotlights quer durch die gesamte Halle bummeln, und Sperl brachte das so cool und professionell, als sei er daran gewöhnt seit Kinderbeinen.

Die Begeisterung der 1200 Leute im Saal war groß und ehrlich.

Aber: Wieder eine Überraschung! Statt ein fetziges Finale hinzulegen, musizierte Doetsch als Zugabe zwei Friedenslieder: Bernsteins „Somewhere“ und Dylans „Blowin in the Wind“ - mit dem ausdrücklichen Vermerk, daß diese Texte ihm beim momentanen Weltzustand doch wichtiger seien als ein musikalisch starker Abgang. Sieh mal einer an! Hut ab vor dieser Geste (und vor dem ganzen Abend)!

 

- zum „Freischütz“ 1991:

Wolfsschlucht hinterm Luegsteinsee“

Vermutlich war es einmal mehr der Ort, der sich hier die Musik aussuchte: Felsabstürze, eine Bergschlucht, Laubwald-Auen, dazu im Geklüft über dem See eine bizarre Föhre. Diese Szenerie schreit nach dem Jägerchor, der Wolfsschlucht, kurzum: nach dem „Freischütz“.

Doetsch erfüllte sich mit dieser Inszenierung wieder einen Traum...

Fast 5000 Besucher! Und es kamen die berühmten Höhepunkte. Und zwar so, wie es ausschließlich Doetsch schafft. Wer hat es je erlebt, daß ein Tenor (Hans Petrat) sich – während des Singens! - von einer 40 Meter hohen Felswand abseilt? Daß der Bösewicht (Hans Gfäller) am Ende über eine Klippe taumelt und zehn Meter senkrecht in den See stürzt? Wie hier ein 'Dorfchor' eine ganze Landschaft in ein Opernhaus verwandelte (Regie: Marlene Ebener – Bühnenentwurf: Hans Gfäller), mit Menschen füllte, alle Kräfte anspannte – und etwas hervorbrachte, das in dieser Form an diesem Ort noch niemand so gewagt hat?. Und wo gab es schon mal eine Wolfssschlucht-Szene, die ein ganzes Tal zum Schauplatz machte: Mit Geröll-Lawinen aus der Höhe, Rauch- und Nebelwolken, Feuersbrünsten, Blitzen, Regenschauern, einem Wald in Licht und Aufruhr (und am Schluß mit einem funkelnd tiefen Sternenhimmel über allem)?

Eine solche Szene vergißt man nicht, und wenn man 100 Jahre alt wird!

 

- zu „Musikalische Lustbarkeiten“ 1992:

Doppelspiele – frei nach Grimm“ - „Ovationen für das fulminante „Märchen“

... Habe ich schon irgendwie geschrieben, daß Jürgen Doetsch – auf seine Weise –

ein Genie sei? Recht so. Denn es stimmt.

Es gibt sicher bessere Komponisten, bessere Pianisten , bessere Dirigenten.

Aber wo im weiten Umkreis gibt es einen Chorleiter, der seinen Sängern ein Zwei-Stunden-Musical auf den Leib schreibt, sie zum Tanzen, Steppen und Theaterspielen animiert, aus eigenen Reihen eine Bigband gründet, diese auch noch dirigiert, dazu klavierspielt und zu alledem die Rolle des Erzählers übernimmt?

Der Mann ist ein lebendiges Gesamtkunstwerk, ein Irrwisch, gegen den das Rumpelstilzchen aus dem Märchen eine ziemlich dürftige Figur abgibt (aus Stroh Gold machen? Nun – das kann Doetsch auch …).

Doch worum ging's bei diesen „musikalischen Lustbarkeiten“ (so der Untertitel)?

Schlicht gesagt: Um Märchen der Gebrüder Grimm: „Rotkäppchen“, Schneewittchen“, „Rumpelstilzchen“.

Doetsch vertonte sie fast wörtlich, aber alles andere als naiv.

Er hat die Deutungen diverser Psychologen gründlich durchgelesen; nutzte sie und machte sich zugleich darüber lustig: Die Bearbeitung trieb so ein freches Doppelspiel.

Sie bot die Märchen auf zwei Ebenen: Rotkäppchen etwa war ganz textgetreu das kleine Mädchen, das – von von guten Sänger-Onkeln an der Hand geleitet – lieb und piepsig seine Geschichte aufsagte. Doch die guten Onkel waren zugleich auch die bösen Wölfe, die gern kleine Mädchen vernaschen. Und sowie die Herren im Chor die Stimme hoben, flüchteten die Chordamen entrüstet auf die andere Bühnenseite.

Selbst die Blumen im Walde blieben alles andere als unschuldige Pflänzchen: Drei verdammt laszive Balletdamen im Bodystocking oder Mini.

Bei Schneewittchen machte Doetsch aus diesem Doppelstück ein Simultanstück:

Links lief die Geschichte so naiv und blütenweiß und dusselig, wie sie im Buche steht: Doch zugleich fetzte rechts das Ganze als rotzfreche Steptanz-Nummer über die Bühne, mit einem verteufelt abgebrühten Schneewittchen (Marke „Hello, Dolly“) und sieben strammen Macho-Zwergen.

Und das Rumpelstilzchen endlich zeigte Doetsch als Emanzipationsgeschichte: In drei Nächten vom Mauerblümchen zur Disco-Queen.

Für jedes der Stücke fand Doetsch zugleich eine individuelle Sprachform.

Rotkäppchen als Moritat mit den Gesangs-Solisten als Erzählern.

Rumpelstilzchen als aufwendiges Musical mit Solo-Tanzszenen und einer famosen Chorus-Line zum Finale.

Und Schneewittchen – sicherlich das beste Stück des Abends – als Erzähltheater,

mit Doetsch selbst als ruhigem, konzentriertem Sprecher und mit den burlesken Show-Ensembles als gleichsam filmischen Einblendungen.

Die Musik zu dieser Show war sicher keine 'Komposition' im strengen Sinn (dazu blieb sie zu illustrativ, zu sehr dem Bühnenablauf unterworfen). Aber sie klang im besten Sinn nach Kino: wie der Soundtrack eines abgefeimten Leinwand-Tingeltangels: Die Zitate, Plagiate, Stilanleihen, die Doetsch hintereinander demontierte, wirkten dreist wie eh und je. Aber – das Ergebnis hatte doch auf witzige Weise Stil. Doetsch ist nicht länger Sklave seiner Vorbilder: Er spielt mit ihnen. Der Instrumentaltanz seiner (glänzend einstudierten) Bigband konnte sich auch unter strengem Maßstab sehen lassen. Solo- und Chorstimmen waren für die Möglichkeiten seiner Leute perfekt zugeschnitten. Und sogar die Stilbrüche hatten Logik: Denn das Gegeneinander von Orff-Chor und Ragtime, imitiertem Brahms-Volkslied und Disco-Sound war eine Spiegelung der zweigeteilten Perspektive auf der Szene selber.

Natürlich glänzte Doetschs Ensemble einmal mehr mit seinen eindrucksvollen, oft als Musiker und Sänger, Tänzer und Darsteller gleich präsenten Solisten.

Dennoch ging diesmal jede Auflistung am Ziel vorbei. Doetsch mobilisierte fest den ganzen Chor für Groß- und Klein und Miniatur-Auftritte. Dazu stellte ihm die Choreographin Renate Bauer eine Ballett-Truppe auf die Bühne, gegen die – bescheiden ausgedrückt – so manche Faschings-Prinzengarde ziemlich alt aussah.

Marlene Ebener schließlich, die (zusammen mit Hans Gfäller) das nicht leichte Los traf, Doetschs Ideen für die Bühne umzusetzen, tat dies sorgsam, effektiv und unauffällig – was bedeutet: Man sah echten, unverfälschten Doetsch.

Welch ein famoses, irrwitziges, grell überbordendes Spektakel!

Selbst der Anhauch von Provinz, von genialisch übersteigertem Schultheater hatte diesmal etwas listig Absichtsvolles.

Bislang glaubte Doetsch ja oft, mit Superlativen um sich werfen zu müssen (“Symphonie 2000, „Freischütz“). Diesmal bestach er mit kokettem Understatement. Und es war weit stärker, überzeugender.

So blieb auch – trotz all der prächtigen „Schneewittchen“-Zwerge; trotz des herrlich-komischen „Rotkäppchen“-Jägers mit der Gitarre als Flinte; trotz des fulminanten „Rumpelstilzchen“-Tanzfinales – als wohl stärkste Szene eine in Erinnerung:

Jürgen Doetsch allein auf dunkler Bühne; ruhig aus einem alten Buch die Brüder Grimm vorlesend; und sich selbst dabei am Cembalo begleitend.

Wenn es eine Essenz des Abends gab: Da war sie.

Endloser Applaus in der bis auf den letzten Platz besetzten Halle: Jubel für Chor, Solisten und „sforzato“-Band. Und dröhnende Ovationen für Jürgen Doetsch, der – wie immer man auch darüber denken mag – es einmal mehr geschafft hat, etwas Unvergeßliches, in seiner Weise Unvergleichbares zu liefern“

 

- zum Konzert des Inntalorchesters am 14.6. in der Stadthalle Rosenheim:

Trotz Doetsch – ein toller Abend“

... Der Mann hat mehr Gesichter als Wischnu. Wer erinnert sich nicht an Jürgen Doetsch am Luegsteinsee: Im Frack, elegant, vergnügt und souverän? An Doetsch mit Orff in Erl: Als gewieften Komödianten und geballtes Kraftpaket? An den „Märchen“-Erzähler in Rohrdorf: Ruhig, sorgfältig, intensiv?

An Doetsch als Chordirigenten in Reisach: Mit Strickjanker Marke Bauernbub, schüchtern, doch brennend ehrgeizig? - Die Reihe ließe sich beliebig strecken: und die Farben des Chamäleons beliebig bunter malen …

Nun, bei seinem ersten Sinfoniekonzert in Rosenheim suggerierte uns Jürgen Doetsch – zumindest optisch – ein Gefühl totaler Schusseligkeit. Wer ihn nicht besser kannte, mußte das Gefühl gewinnen, daß da einer absolut nichts kann: Nicht auftreten, nicht abgehen, nicht sich verbeugen, nicht im richtigen Moment die richtigen Hände schütteln, nicht ansagen, nicht den Taktstock halten – und schon gar nicht dirigieren.

Und trotzdem erlebten wir das Inntalorchester in Hochform.

Eine Teil-Erklärung für den Zwiespalt zwischen Aug' und Ohr gibt es gewiß: Es saßen hervorragende Profis an den ersten Pulten, die ein Orchester notfalls sogar ohne Dirigenten über die Runden bringen.

Und trotzdem! Das Gelingen eines derart kniffeligen Stücks wie Gershwins „Amerikaner in Paris“ kann man nicht allein mit guten Musikern erklären. Irgendwie – und manchmal gegen alle Dirigentenregeln – schafft es Doetsch, den Apparat zusammenzuhalten und exakt die Ausdruckswerte zu vermitteln, die er haben möchte. Irgendwie schafft er eine Atmosphäre, in der sogar altgediente Profis, statt sich zurückzulehnen, mit Feuereifer bei der Sache sind (und noch Tage später von dem Abenteuer schwärmen). -

Um mich selbst zu wiedeholen: Nicht das handwerkliche Können – seine Energie, sein fast hypnotisches Talent, zu motivieren, macht aus Doetsch ein Phänomen.

Natürlich gab es auch den Komponisten gleichen Namens einmal mehr zu hören. Zwar stammt „Moon River“ von Mancini. Doch als „Arrangement“ ließ sich dies üppige, von Solo-Arabesken aller Art umgaukelte Orchesterstück kaum noch bezeichnen: Doetsch macht dabei kaum „Fehler““. Satztechnisch war das Gebilde makellos!

Daß Doetsch sich trotzdem durchsetzte, daß er im Verlauf der Werke sichtlich an Souveränität gewann; daß der erkennbar hastig zusammengestellte Abend mit Ovationen endete – all dies war ein Triumph besonderer Art.

Doch zugleich eine warnende Verpflichtung: Mit dem Inntalorchester hat Doetsch unstreitig den besten Klangkörper, der dem Landkreis Rosenheim jemals aus eigenen Kräften zur Verfügung stand. Nun liegt es allein an ihm, diesem Ensemble neben seinem Talent und seiner Inspirationskraft auch noch Stil zu geben...“

 

- zur „Alpensymphonie“ am 13.9.92 im Festspielhaus Erl:

... Doetsch im Hochgebirge ...“

... Drei Großwerke der Spätromantik gab es dieses Jahr in Erl zu hören; dazu drei gigantische Orchester-Apparate. Zuerst Mahlers „Sechste“ mit dem Mahler-Jugendorchester und dem routinierten Pultstar Michael Gielen. Dann Bruckners „Fünfte“ mit dem IOE-Orchester unter dem gediegenen Kapellmeister Alois Hochstrasser. Und schließlich das zusammengewürfelte Inntal-Orchester mit seinem tollkühnen Hobbydirigenten Jürgen Doetsch u. Strauss „Alpensymphonie“ .

Nun raten Sie, verehrter Leser, wann das Erler Passionsspielhaus bis zum letzten Platz besetzt war? Wann die Luft vor Spannung knisterte? Und wann am Schluß die Ovationen kaum noch enden wollten? - Nun? - Na klar. Doetsch und die Alpensymphonie!

Ein Musiker mit heißer Liebe zum Gigantischen, bildkräftig Illustrativen. Und ein Werk,daß sich an Gigantismus und Bilderreichtum schlechterdings nicht überbieten läßt – da fanden sich vermutlich Freunde für's Leben. Jetzt müßten sie sich nur noch besser kennenlernen.

Immerhin: Mut hat der Doetsch (böswillige Leute würden sagen: Frechheit), denn die Einstudierung einer solchen Riesenpartitur ist selbst mit Profis und solidem Können unter fünf, sechs Proben nicht zu schaffen (Gielen und Hochstrasser wußten, warum sie je drei Wochen investierten). Doetsch benötigte genau drei Tage: Eine Hochgebirgstour ohne Seil und in Sandalen. Aber immerhin: Man kam – mit ein paar Schrammen, aber sonst an Leib und Seele heil – zum Gipfel und zurück ins Tal:

Ich ziehe in Bewunderung den Hut vor dieser Orchesterleistung …

Mal wieder einer jener unvergeßlichen Doetsch-Abende. Gigantisch. Irrwitzig. Riskant.

Wüst schwankend zwischen Ärgernis und Sensation. Und insgesamt (gemessen am Orchester und der kurzen Vorbereitungszeit) frappant gelungen. Selbstverständlich könne man monieren, warum dieser hochbegabte Mann nicht den soliden Weg wählt: warum er sich nicht langsam über Mozart, Beethoven und Brahms nach vorne tastet? Aber – mal ganz ehrlich? Wollten Sie das wirklich? Wären Sie als Hörer nicht enttäuscht, wenn Doetsch uns nicht das Abenteuerliche, Sensationelle, Tolle, manchmal auch entsetzlich Schiefgegangene böte? Nein – er liegt als ein erstaunlicher, bizarr geformter Findling im Musikgelände. Und es wäre ein Jammer, wenn man den in handliches Format zusammenstauchen wollte ...“

 

- zum Kirchenkonzert „Die Erde schweigt“ am 10.1.93 in Trostberg:

Ein Konzertabend á la Doetsch“ …

Gemeinsamer Auftritt des Inntalchors und der Grassauer Bläser:

.. und trotzdem wurde es ein unvergleichlich typisches Doetsch-Konzert: Eines von jenen, über die man sich noch Tage später – amüsiert, erfreut, erbost, beeindruckt – wundern oder streiten kann.

Denn wer sonst im Umkreis brächte es wohl fertig, das Dreikönigslied von Cornelius und Berlins „White Christmas“, Bruckners „Ave Maria“ und eine verjazzte Eigenkomposition (in dieser Reihenfolge!) hintereinander wegzuspielen. Und selbst wenn er's täte: Würde er nicht von der Presse und vom Publikum geteert, gefedert und mit seinem Dirigentenstock verprügelt? - Nun: Jürgen Doetsch hat es getan. Und es ging wunderbar.

Warum? Weil ihm die Götter (ob aus Gnade oder Rachsucht, weiß man nicht) eine spezielle Midas-Gabe in die Wiege legten: Was er musikalisch anfaßt, sei es Schubert oder Cesar Franck oder auch Irving Berlin, wird zu Doetsch. Und so paßt alles fugenlos zu allem.

Ohne Spott: Natürlich kann man kritisieren, wie Doetsch mit Werk-Inhalten und mit Komponisten umspringt. Andererseits: Die Art, in der er hier Bruckners „Ave Maria“ formte, hat mich sehr beeindruckt – spannend jung, auf intelligente Weise schlüssig...

Petrats Darstellung von Herbecks „Pueri concinite“ bestätigte, daß er von den aktiven Tenören im Landkreis immer noch der beste ist: gelassen, kultiviert und ökonomisch; und wenn es drauf ankommt, mit blitzsauber angesetzten Spitzentönen...

Die Grassauer führten ihre ganze Professionalität und Leuchtkraft vor. Sie wissen mittlerweile auch, wie man Doetsch spielt, wie man seine wunderliche Mischung aus Jazz, Romantik und Choral in etwas Eigenes, Charakteristisches, kurzum – in Stil verwandelt. Daß er ihnen manxchmal das Unmögliche zumutete, war nicht ihr Fehler: Auch der beste Trompeter stößt an Grenzen, wenn er eine Klarinette imitieren soll …

Doch ob möglich oder unmöglich – was zählt das schon bei einem Abend à la Doetsch. Die Hörer in der überfüllten Kiefersfeldener Kirche feierten ihn lang und lautstark... „

 

- zur Uraufführung „Farm der Tiere“ am 11.9.93 im Festspielhaus Erl:

... Die Revolution als Musical und Oratorium … Stehend Ovationen für Farm der Tiere“

Das geschieht nicht allzu oft im Leben: Daß am Ende einer Uraufführung 1600 Menschen sich erheben, um den Autor und sein Werk mit stehend Ovationen zu ehren.

Jürgen Doetsch wurde diese außerordentliche Würdigung zuteil. Und trotz der Einwände, die manche Einzelheit dieses Abends betreffen, läßt sich eines doch nicht leugnen: Doetsch hat diese Feier verdient: Sein Musical „Die Farm der Tiere“ ist auf seine Art ein Meisterwerk:

Der Kunstbeweis eines Talents, das sich seiner Mittel sicher ist.

Orwells Fabel ist eine Parabel von Befreiung und Machtmissbrauch; und die Warnung, daß sich jede demokratische Bewegung in Gefahr begibt, in neuer Unfreiheit zu enden.

Diese Botschaft komponierte Doetsch.. Von Orwells Zeitsatire blieb kaum mehr als ein abstraktes Handlungsmuster: Tiere eines Bauernhofs rebellieren gegen ihren Bauern, geben sich Gesetze und versuchen, Demokratie zu leben. Doch die Schweine reißen bald die Führerschaft an sich: Zur Polizei ernannte Hunde zeigen sich als Mörderbande. Und am Ende stehen die geprellten Tiere fassungslos vor einer Diktatur, die das Regime des Bauern an Gewalt noch übertrifft.

Soweit die „Story“. Und Doetsch hat der Versuchung widerstanden, daraus eine Viecherei im Stil von „Cats“ zu machen. Seine Tiere kamen beinahe ohne Maskerade aus:

Rot angemalte Beine, umgehängte Felle, schwarze Lederjacken reichten hin, um Hühner, Ziegen oder Hunde anzudeuten. Die Regie ließ keinen Zweifel, daß das Stück von Tieren spricht, jedoch von Menschen handelt.

Doetsch hat also Disziplin gelernt - auch musikalisch. Seine Melodien sind so einprägsam, daß sie wie Kletten im Gedächtnis haften bleiben.

Insgesamt ist diese „Farm der Tiere“ dem Oratorium näher als dem Musical.

Die Träger des Geschehens sind der Chor sowie ein riesiges Bläserensemble. Zugleich lag das Beste, was uns Doetsch als Komponist zu sagen hatte, in sinfonischen Zwischenspielen.

Das Klavier – natürlich vom Maestro selbst gespielt – schien allzu dominant in seiner Rolle.

Der Abend begann mit einem jener bravourösen Doetsch-Einfälle, wie man sie allein von ihm erwarten kann. Die Revolution der Tiere gegen den Menschen wurde hier zugleich zur Revolution des Chors gegen seinen Dirigenten: Doetsch selbst spielte den Bauern. Er dirigierte – buchstäblich! - mit einer Peitsche, bis die Tiere (sprich: sein Chor) ihn überwältigen und lynchen: Ihn am Strick kopfüber wie eine Puppe 20 Meter in den First des Erler Hauses hochzogen. So – mit einem drastisch ausgespielten Königsmord ( und zugleich mit dem ganzen Einsatz seiner eigenen Person), begann Doetsch die Parabel.

Es ist schwierig, einem derart talentierten Bühnenkünstler vorzurechnen, wo der Stoff die Ausführung und wo die Ausführung den Stoff bestimmte. So wurde die Handlung struktuiert von mehreren Balletteinlagen: Tänzerinnen (Schwäne?) symbolisierten gleichsam die Vision des Stücks und verkörperten am Schluß mit ihrem Tod zugleich das Scheitern dieser Utopie – ein schöner Einfall.

An Regie-Einfällen war kein Mangel. Die Idee, die Hunde als schwarze Sheriffs darzustellen, machte schlagend klar, wie heiß der Stoff noch immer ist, wie nahe „Zucht und Ordnung“ neben blankem Terror siedeln. Dagegen geriet die Episode mit dem eitlen Pferdchen Mollie (bei Orwell ein politisches Symbol der Bourgeoisie) hier nur zum zauberhaften Zwischenspiel für eine Tänzerin, eine (szenisch eingesetzte!) Solovioline und eine Gruppe Kinder:

ein Moment vollkommener Poesie, einer der schönsten dieses Abends.

Der Inntalchor zeigte sich als Allzweck-Instrument: Als Bühnenbild, als Chor, als Tanz- und Spielertruppe. Man bewunderte ihn und seine Solisten (einmal mehr überragte der kraftvolle Hans Petrat) – ohne zu ermessen, wie vertrackt das wirklich war:

Zum Taktschlag einer Peitsche singen: in rasanter Kreisbewegung auch noch Takt zu halten.

Wie auch immer: Es gelang ohne Tadel.

Welche Meister großer Menschenführung sind doch Doetsch und sein Regieteam, bestehend aus Marlene Ebener, Renate Bauer (Choreografie) und Hans Gfäller (der an diesem Abend auch noch sang, Posaune spielte und sich als Schnellzeichner betätigte – und, wie immer, für den Bühnenentwurf zuständig war). Und welch ein Reservoir an musischer und komödiantischer Begabung ist dies Inntal, das solche Husarenstücke erst ermöglicht!

Deshalb, liebe Leser: Seien wir dankbar, daß es Doetsch u. seinen Chor so gibt, wie es ihn gibt.

Daß dieses aberwitzige Talent inzwischen seinen Weg fand und das tut, was es tatsächlich kann. Erfinden, improvisieren, komponieren, motivieren!

Denn Oberaudorf und sein Spielort Erl schöpfen daraus Stücke, die es so an keinem anderen Ort der Welt zu sehen gibt ,,,“

 

- zur „Freundschaftsmesse“ von Doetsch am 23.4.94 in der Kirche Kiefersfelden:

Wiedergegegnung mit einer Jugendsünde!“ …

Bei schöpferischen Menschen ist dies eine typische Alterserscheinung: Man erinnert sich an seine künstlerischen Jugendsünden. Man wühlt im Archiv und liest die vergilbten Blätter wie den Nachlaß eines Fremden – nein, nicht eines Fremden: eines früh verlorenen Kindes: Mein Gott, ja – er war begabt, der Kleine. Fehler über Fehler. Aber zugleich ein brillanter Einfallsreichtum, wie man ihn sich längst nicht mehr so ungebrochen zutrauen würde.

Und man fragt sich: Wäre es nicht schade, diese Kostbarkeit so einfach wieder ins Regal zu stecken? Sollte man nicht eher wie ein nachsichtiger Lehrer das Mißglückte verbessern und dem früh gezeugten Musenkind noch einmal eine Chance geben?

Und so nehmen Heil und Unheil ihren Lauf …

Leider (oder Gott sei Dank?) konnte auch Doetsch nicht der Versuchung widerstehen, das Stück zu überarbeiten. So wich der ursprüngliche Orchestersatz einer schlanken Bläserbesetzung und Rhythmusgruppe...

Und zum Finale komponierte Doetsch eine neue Hymne, die den Rest des Jugendwerks an Kunst und Ambition so turmhoch überragt, als hätte ein verrückt gewordener Architekt den Oberaudorfer Pfarrsaal mit der Kuppel des Petersdoms im Maßstab 1:1 bekrönt..

Die Messe selber ist ein netter Versuch, tradierte geistliche Gebrauchsmusik mit etwas Jazz aufzumöbeln – ein Relikt der Flower-Power-Mode, als die Blumenkinder in die Kirchentage drängten und selbst konservative Pfarrherren überlegten, ob ein Jazz-Gottesdienst denn wirklich Sünde sei...

Wäre da nicht jener neue Finalsatz. Der ist einerseits verrückt, pathetisch, maßlos, jenseits aller Proportion. Aber er ist andererseits ein Kunstwerk von so elementarer Kraft und Virtuosität, daß man am Ende des Konzerts (nach gewaltigen Ovationen) fassungslos, verblüfft und staunend aus der Kirche wankte.

Ich bekenne freimütig: Ich habe so etwas noch nie gehört. Doetsch nahm die Psalmenzeile „Alles, was atmet, lobe den Herrn“ im strengsten Sinne wörtlich. Zeitweise gewann man den Eindruck, als sei jede Chorstimme einzeln geführt. Ein gutes Dutzend Soli schachtelte Doetsch ineinander, jagte sie in aberwitzige Höhen (das dreigestrichene d erschien fast als normale Mittellage). Die Musik stand unter Überdruck wie ein Vulkan, der immer gewaltigere Klangmassen ausstößt, um sich schließlich in sich selber zu erschöpfen. Und Doetschs rigorosem Zugriff gelang es hier auch, Spätromantik und Moderne zu einer authentischen Kunstform zu verschmelzen – einer Kunstform, die man nur als Doetsch-Stil angemessen und korrekt umschreiben kann...

Natürlich lag die Hauptlast des Konzerts wieder auf Hans Petrat, jenem Instrumentalisten und Sänger, dem Doetsch mit Recht am meisten zutraut. Neben ihm prunkte die gesamte Solistenriege, über die der Inntalchor derzeit gebietet (Namen aufzuzählen wäre sinnlos: man käme auf über zwanzig). Der Chor selbst sang so engagiert und enthusiastisch, wie er es stets tut, wenn es um Doetschs Werke geht. Und 'sforzato' bewies einmal mehr hervorragenden Standard..

Ein erstaunlicher Abend, der im Zeitraffer den künstlerischen Weg von Jürgen Doetsch Revue passieren ließ. Der Eindruck des Chamäleonhaften blieb. Doch auch der riesenhafte Zuwachs an Talent und Kunst war nicht zu überhören ...“

 

- zur 9. Symphonie von Beethoven am 10.9.94 im Festspielhaus Erl:

Was macht man mit einem solchen Abend? Soll man applaudieren oder Gift und Galle speien.? Soll man die enorme Leistung rühmen? Oder soll man sich doch über die enorme Frechheit ärgern? Doetsch hat es wieder mal geschafft, sich freischwebend zwischen alle Stühle zu setzen. Neues Opfer dieser einzigartigen Mischung aus Genie und Chuzpe: Beethovens 9. Symphonie...

Es konnte nicht gut gehen: Selbst der tausendarmige Gott Shiva wäre außerstande, diese schwierigste und schönste aller Sinfonien mit zwei Orchesterproben zu bezwingen. Und ein Gott ist Doetsch denn doch noch nicht....

Doch wir erlebten ein absurdes Wunder: Wie sich Mist am Ende doch in Gold verwandelt...

Und es war verdammt viel Mist, was Doetschs Orchester in den ersten Sätzen produzierte!

So was ist ärgerlich, aber auch tröstlich: Denn es zeigt, daß Doetschs Hau-Ruck-Verfahren Grenzen hat; daß Dirigenten, die sich erst behutsam ihren Mozart oder Haydn erdienen, ehe sie sich behutsam an das höchste Werk herantasten, eben doch keine Vollidioten sind.

Andererseits: Mit jedem versauten Einsatz wuchs auch der Respekt: Denn was wir hörten, klang nicht wie das brave, doch erfolglose Gestöpsel eines Laienorchesters. Sondern es klang wie die Anspielprobe einer routinierten Profimannschaft. Keine Phrasierung schien erarbeitet. Doch die großen Züge fuhren wie auf Schienen. Und die Musik zog an wie eine Lokomotive unter Volldampf. Es schnaubte und qualmte. Und Doetsch schaufelte wie Herkules als Heizer Kohle in die Glut. Eine horrende Umweltverschmutzung: Aber ein imponierender Anblick...

Und das Finale? Zündete der Freude Götterfunken? Ja – er zündete; auch wenn es heftig dabei rußte. An Kampfgeist kommt Doetschs Leuten keiner gleich. Götterfunken stoben, als hätte einer den Kompressor an den Gartengrill geflanscht. Besonders Doetschs Solisten wuchsen wieder einmal über sich hinaus. Die junge Anahita Ahsef ist auf bestem Wege, eine erstklassige Sopranistin zu werden (speziell den „sanften Flügel“ sang sie wunderschön). Hans Petrat schließlich gab einmal mehr Anlaß zum Staunen: es glückten ihm Phrasierungen, die man so kultiviert sonst nur von Profis hört ....

 

- zur Coproduktion Inntalchor / Musiktheater Posen am 14. und 15.9.96 im Festspielhaus Erl:

... Erster Teil der künstlerischen Wechselbäder mit dem Inntalchor und dem „Teatr Muzyczny“ … „Erst mal mit 180 Sachen in den Dreck“ …

„… wir Besucher sind zweimal zwischen Regenguß und Schmuddelwetter nach Erl gefahren, haben uns auf freier Wildbahn Parkplätze erkämpft, sind einen Kilometer bis zum Festspielhaus gepilgert, haben einen Haufen Eintrittsgeld bezahlt, sind stundenlang in eisiger Kälte gesessen. Und wir wollten, bitteschön, dafür auch etwas geboten kriegen. Kriegten wir – nur keine Sorge! Doch auch diesmal wiederholte sich das alte Leiden, daß sich Doetsch in viel zu kurzer Zeit viel zu viel vornimmt und dann allenfalls die Hälfte gutgeht.

Aber das macht auch den Reiz. Der Inntal-Schumi muß erst mal mit 180 Sachen in den Dreck, um zu beweisen, daß er – wenn nun sein Ferrari richtig läuft – als Weltmeister über die Pisten donnert. Und so steht auch diesmal vor dem Rennbericht die Schadensmeldung.

Unter uns gesagt: der erste Abend war besch … eiden: elend vorbereitet; kaum geprobt; und mit einem Programm, das einem die Schuhe auszog! „Hänsel und Gretel“, „West Side Story“ und „Gräfin Mariza“ hintereinander – auf den Kuddelmuddel hat die Welt gerade noch gewartet … Die Gäste aus Posen sind, wie uns die Folge lehrte, fabelhafte Operetten-Profis. Aber „Hänsel und Gretel“ können sie bei aller Sympathie nun wirklich nicht. Ihr Bühnendeutsch klingt so akzentfrei wie mein Hocharabisch. Humperdincks spezieller Wagner-Tonfall ist ihnen gründlich fremd (kein Vorwurf – ein französischer Koch braucht keine Weißwürste zu fabrizieren). Die in Eile hingeschusterten Kulissen sahen aus, als hätten sie zwölf Zloty fünfzig gekostet (und das war zu teuer). Doch Doetschs Inntalorchester breitete insgesamt verblüffend samtigen Klangteppich unter das Desaster...

In überzeugender Erinnerung bleiben allein ein paar Momente aus Doetschs Arrangement der „West Side Story“: es gelangen -nur mit Licht- sehr suggestive Bühnenbilder (Ahsef !)...

Dies der Schadensfall. Doch am Tag darauf war alles anders!“

 

... Zweiter Teil der künstlerischen Wechselbäder mit dem Inntalchor und dem „Teatr Muzyczny“ … „ Die 1200 Zuschauer schwammen in Wonne“ …

Beim zweiten Konzert bot uns der Inntalchor den ausgesprochen spannenden Entwurf zu einer künftigen Gesamtaufführung von „Hoffmanns Erzählungen“ (Regie: Bijan Ahsef).

Jürgen Besig gelang eine sensationelle Interpretation de „Zigeunerweisen“. Und am Ende stellten die Posener mit der 'Csardasfürstin' glorreich klar, wer hier die eigentlichen Profis sind. Der Regisseur Bijan Ahsef überspielte die ausgesparte Magie in „Hoffmanns Erzählungen“ mit einem glänzenden Einfall. Die feuchtfröhliche Studentenrunde blieb bei ihm ständig im Vordergrund; während die eigentlichen Opernszenen hinter einer bühnengroßen Leinwand wie ein Film, wie eine Vision mal sichtbar wurden und mal wieder verschwanden. Wir erlebten mithin wirklich Erzählungen …

Man kann nur hoffen, daß Doetsch und Ahsef dieses Konzept in Zukunft erweitern und vollenden. Denn die Kräfte und Mittel haben sie. Hans Petrat , immer schon ein „Star“ der Oberaudorfer, wuchs in der Titelrolle nachgerade über sich hinaus. Annerl Resch bot stimmlich wie optisch eine attraktive Giulietta.

Und die beiden Ahsef-Töchter waren schlichtweg sensationell. Anahita Ahsef sang eine leidenschaftliche Antonia. Und Mithra Ahsef lieferte die Koloraturen der Olympia in so bestechender Präzision, daß Erls Hörer vor Begeisterung fast aus dem (Festspiel-)Häuschen gerieten. Kaum minder stattlich hielt sich Hans Gfäller in den Schurkenrollen …

Weiter: So hirnrissig am Vortag der Wechsel von Humperdinck zu Bernstein mißraten war – so genial glückte Doetsch nunmehr der Übergang von Offenbach zu Sarasate und Kálmán …

Das Finale gelang im Stil eines kommerziellen Tourneetheaters perfekt. Mit dieser „Csardasfürstin“ hötte man wohl auch die Abonnenten in Innsbruck zu Beifallsstürmen hingerissen. Die Posener konnten jetzt endlich zeigen, daß sie eines der besten Ensembles ihres Landes sind. Am Ende führte Doetsch beide Ensembles zusammen zum unwiderstehlichen Verbrüderungsgedusel aus der „Fledermaus“. ..

Schlußbemerkung: Man kann über Doetschs Maßlosigkeiten, Flickschustereien, unberechenbare Ein- und Ausfälle getrost den Kopf schütteln. Jedoch als Techniker, als schierer Handwerker des Dirigierens hat er mich beeindruckt wie nie zuvor. Selbst seine Musiker bezeugten einhellig, daß dieses heillos improvisierte Unternehmen - theoretisch! -

niemals hätte funktionieren dürfen; daß ein „normaler“ Kapellmeister hier von einem Schmiß zum nächsten getaumelt wäre. Aber in solchen Momenten entwickelt Doetsch Talente, die an Telepathie zu grenzen scheinen. Er will etwas. Und er bekommt es. Und vermutlich würde selbst ein Hamster-Orchester unter seiner Leitung stimmig musizieren. Er, er ganz allein hat dieses absurde Unternehmen angezettelt. Und nur er, er ganz allein, machte es selbst in seinen schlimmsten Augenblicken faszinierend...“

 

- zu Händels Oratorium „Israel in Ägypten“ am 11.7.97 in der Kirche Kiefersfelden:

... das Programmblatt blieb genauso bruchstückhaft wie das gesamte Unternehmen: ein in letzter Sekunde zusammengeklebter Zettel, auf dem Druck und Schreibmaschinenschrift hart aufeinanderprallten. Doch auch das ist Doetsch …

Er nutzte die Kirchen-Akustik, um mit seinem Chor so zu powern, wie nur er sich das getraut: eine al-fresco-Technik, die zeitweise tatsächlich an Hollywood gemahnte …

der Inntalchor ist mehr als nur eine vielseitige Showtruppe, einer der bedeutenden regionalen Konzertchöre. Und er hat Pfunde, mit dem er mehr wuchern kann als andere: die eigene Begeisterungsfähigkeit – und die Begabung von Jürgen Doetsch, diese Begeisterung herauszufordern...“

 

- zur „Schöpfungsgeschichte“ 2001 im Passionsspielhaus Erl:

Die Schöpfungsgeschichte - fraglos ein Höhepunkt im Schaffen dieses Musikers und seines Ensembles: In einem Zyklus szenischer Oratorien wurden Szenen des Alten Testaments musikdramatisch umgesetzt. Das extrem aufwendige, in der Geschichte der Region einzigartige Projekt galt dem Schöpfungsbericht der Genesis. Charakteristisch für Doetschs Technik war dabei eine Akkumulierung musikgeschichtlicher Stilformen, die das biblische Geschehen mit der Entwicklung der abendländischen Musik künstlerisch parallel setzt. Ebenso typisch war die szenische Einbindung von Malerei, Licht, Schauspiel, Tanz und Pantomime, die das traditionelle Oratorium zum multimedialen Bühnenereignis erweiterte. Das seit 15 Jahren vorbereitete Projekt dürfte - allein wegen seiner äußeren Dimension mit über 450 Mitwirkenden – zu den aufwendigsten Musikereignissen Südostbayerns zählen, wobei der künstlerische Selbstanspruch dem äußeren Aufwand nicht nachsteht.“

 

 

 

Bayerischer Rundfunk zum Verdi- u. Brahmsrequiem im Rahmen der Tiroler Festspiele 1999:

„... seit Wochen formte Kuhn sein Festivalorchester … probte auf der anderen Seite des Inns Doetsch mit seinem Inntalchor, um ihn dann selbstlos Maestro Kuhn zu überlassen … „

 

Gustav Kuhn zur Zusammenarbeit mit Jürgen Doetsch:

1999 „... Der Inntalchor ist es gewöhnt, bei allem Amateurtum professionelle Ansprüche zu verwirklichen. Mit Jürgen Doetsch habe ich jemanden gefunden, der noch einen anderen Beruf hat, aber im Herzen und Können ein professioneller Musiker ist - „unsere Zusammenarbeit ist ein Vorbild für jede Ehe“ ...

1998 im Gespräch mit der Zeitschrift Tirolerin: „... Neben mir als Irren gibt es ja noch einen Irren, den Doetsch, mit dem ich mich wunderbar ergänze...“

 

Gabriele Bauer (Oberbürgermeisterin) zur Jazzwoche 2003 im Rosenheimer Ballhaus: „... besonders gelungen erscheint mir die Initiative des musikalischen Allrounders Jürgen Doetsch, der es gewagt hat ein Festival zu organisieren, in dem sich alle Jazzer der Stadt und der Region ein Stelldichein geben, um einen Leistungsspiegel der virtuosen und gefühlvollen Möglichkeiten aufzuzeigen...“

 

OVB zur Jazzwoche 2003:

„.. in der Tat enorm viel gute Musik war in dieser Nacht geboten. Der Jazz feierte im großen Stil seine Renaissance... „

 

OVB zur 'Audorfer Nacht' am 19.7.03 am Luegsteinsee: „... Jürgen Doetsch ist ein Meister der Bilder: Er zieht die Menschen in seinen Bann..“

 

OVB zur Innfantasie am 25.9.09 „ … der musikalische Tausendsassa aus Oberaudorf, der so oft Großes in Szene setzt und dabei Mut zum Risiko beweist … “

 

OVB zur Verleihung des Kulturpreises an Jürgen Doetsch und Inntalchor im November 1995:

Der Kulturpreis geht an den Oberaudorfer Komponisten Jürgen Doetsch und sein Ensemble, den Inntalchor: Die Preisvergabe würdigt einen Musiker, der als Autodidakt eine Reihe zum Teil umfangreicher Messen, Oratorien, Musicals, Volksliedbearbeitungen und Sinfonien komponierte. Er ehrt Doetsch als Gründer und Leiter des Inntalchors, des Inntalorchesters und der Gruppe 'sforzato'. Und er honoriert seine Leistung als Organisator ungewöhnlicher, zum Teil spektakulärer Musikprojekte …

Der Kulturpreis des Landkreises gilt zugleich dem Inntalchor, der sich mit Gesang, Theater, Tanz und Instrumentaldarbietungen als eines der vielseitigsten Eensembles der Region profilierte und durch seinen bedingungslosen Einsatz für Doetschs Projekte deren Gelingen erst ermöglichte ...

Auch die zahlreichen Solisten, die aus dem Chor hervorgingen und mit ihren zum Teil professionellen Leistungen das Niveau der Aufführungen prägten, werden durch den Kulturpreis geehrt.

 

Kulturmagazin 'momente' zur Performancereihe 'Kunstsinniger Donnerstag“:

Rosenheim hat eine neue Kulturreihe: Jeden Monat wird an einem bestimmten Donnerstag ein Konzert aufgeführt mit dem Ziel, alle in der Region tätigen Künstler nach und nach einzubinden und vorzustellen. Hierbei bietet dieser 'Kunstsinnige Donnerstag' alle Möglichkeiten musikalischer Interpretation von der Oper bis zum Jazz und fordert mit seinem Aufruf „kunstsinnig-unsinnig“ zur variationsreichen Performance auf.

Veranstalter ist Jürgen Doetsch, der für seine originellen szenischen Konzertgestaltungen und Kompositionen ein lang geplantes Vorhaben realisiert, das ihm erlaubt vokale und instrumentale Musik mit anderen Kunstgattungen zu vereinen und ein Gesamterlebnis zu inszenieren.

Unter Einbeziehung des Publikums avanciert der Künstler, ob Sänger, Musikant, Erzähler, Maler, Bildhauer, Tänzer vom interpretierenden zum improvisierenden Gestalter. Gefragt sind lebendige Mitarbeit sowie Lob und Kritik der Besucher ...“

OVB zur Performancereihe 'Kunstsinniger Donnerstag“ im Ballhaus Rosenheim:

„... gerade diese Spontanität macht die schöpferische und künstlerische Arbeit von Doetsch aus und begeistert das Publikum. Er schafft es, mit wenigen Worten und Gesten, dafür stets ausgezeichneten Interpreten, eine persönliche Atmosphäre aufzubauen... das Motto des Abends steht, das Programm ergibt sich !!!

OVB zur Performancereihe 'Kunstsinniger Donnerstag“ im Ballhaus Rosenheim:

„„'sforzatino'→ sforzatos Mini-Ausgabe mit Guido Sperl (Klarinette), Sebastian Baumann (Bass) und Jürgen Doetsch (Klavier) bot als nicht wegzudenkendes Begleitkommando des Kunstsinnigen Donnerstags Kammer-Jazz vom Feinsten ...“

 

Jürgen Besig (Bayer. Rundfunksinfonieorchester u. Konzertmeister der „Alpensymphonie“) zur „Alpensymphonie“ am 13.9.92 im Festspielhaus Erl:

... Respekt für eine dirigentische und künstlerische Leistung! Meine anfängliche Skepsis gegenüber diesem Unternehmen in Erl, konnte Jürgen Doetsch vollkommen ausräumen. Was mich tief beeindruckt hat, war die Tatsache, daß Jürgen im Konzert sowohl in dirigentischer als auch in künstlerischer Hinsicht noch eine Dimension hinzugewinnen konnte (im Vergleich zu den Proben), was sich auch auf das Orchester und somit aufs Publikum übertrug.. Das ist durchaus nicht selbstverständlich! … „

 

- zur „Alpensymphonie“ am 13.9.92 im Festspielhaus Erl:

OVB (rs): „Zwei Ausnahmeerscheinungen trafen aufeinander“ …

.. Doetsch und die „Alpensymphonie“ von Strauss: Diese Kombination versprach schon im Vorfeld zu einem unvergleichlichen Konzerterlebnis zu werden... Monumental, gewaltig, ja bombastisch war das, was wir im Erler Haus zu hören bekamen.

Und mittendrin ein Doetsch, der weniger zu dirigieren schien, als vielmehr die Klänge aus dem rund 120 Musiker umfassenden Inntalorchester geradezu herauszuziehen …

Zunächst eine Einstimmung: Doetsch setzte uns auf einen kleinen Hügel vor dem steilen Aufstieg. Wie er das machte, war allerdings allein schon einzigartig. Er „erzählte“ uns die Symphonie als Bergtour – die Atmosphäre, die er damit erzeugte, stimmte.

Bei Berücksichtigung der kurzen Vorbereitungszeit (ein kleines Wunder!)

schaffte dieses bunt zusammengewürfelte Orchester dieses nicht weniger als die geschilderte Bergtour gefährliche Werk ebenso wie den Gipfel des Berges zu meistern!

Doetsch: eine Ausnahmeerscheinung am Pult. Er leitet ein Orchester mit dem ganzen Körper. Er bewegt sich , als sei er ein Teil desselben. Auch die Optik wird bedient: Ein musikalischer Höhepunkt führt wie selbstverständlich zu einem Luftsprung mit beiden Beinen... „

 

- zur „Inntaler Sommernacht“ am 23.7.94 am Luegsteinsee in Oberaudorf:

OVB (Eva-Maria Gruber): „.. Eine Inntaler Sommernacht - Inntalchor feierte mit einem rauschenden Fest sein 20-jähriges Bestehen -

Heimische Blasmusikkapellen gratulierten Jürgen Doetsch – Über 3000 Besucher …

Vom Feuerwehrhaus marschierten die Musikkapellen von Kiefersfelden, Ruhpolding, Oberaudorf und Niederaudorf zum Festplatz. Entlang der Uferpromenade stellten sich rund 200 Musikanten auf und intonierten „Tonight“ in einer Bearbeitung von Jürgen Doetsch.

Während sich einige Blasmusikanten ihrer Lederhose entledigten, in den Smoking schlüpften, um sich ins Festorchester auf der Seebühne einzureihen, dankte Doetsch allen Musikanten.

Mit dem Überraschungsprogramm vermittelte Doetsch einen Eindruck von der überschäumenden Musikalität und Lebensfreude der Inntaler, die die Grundlage für Doetschs eigenwillige Aufführungen der letzten Jahre waren... Auch an diesem Abend waren die Leistungen der Sänger aus den Inntalchor-Reihen beachtlich. Das Grassauer Blechbläserensemble und die Tanzgruppe 'tabasco' gestalteten zudem mit fetzigen Einlagen das Rahmenprogramm …

sforzato und die Nußlberg-Buam sorgten nach dem Konzert bis vier Uhr früh dafür, daß sich die Tanzbühne nicht leerte. Wer glaubte, daß mit dem ersten Vogelzwitschern das Fest zu Ende war, sah sich getäuscht: Am frühen Morgen setzte sich Doetsch selbst nochmal ans Klavier und griff zur Freude der nimmermüden Festgäste, die dem „Meister“ andächtig lauschten, in die Tasten … „

 

- zum Sommernachtskonzert am 15.7.95 am Luegsteinsee:

OVB (Eva-Maria Gruber): „... Wieviele Stoßseufzer wird der Inntalchor bei der Vorbereitung des Inntaler See-Spektakels wohl gen Himmel geschickt haben? Wochenlange Proben und nun nachmittags Regenschauer … Das Publikum jedoch setzte auf den Oberaudorfer Tausendsassa und strömte in Scharen zum Festplatz... Doetsch hatte wieder alles auf eine Karte gesetzt: Wie inzwischen der Doetsch-Fangemeinde bekannt, gibt es für ihn nur top oder Flop. Dabei treibt er alle an die maximalsten Grenzen der Belastbarkeit und fördert so ungeahnte Talente seiner Chormitglieder… Doetsch dirigiert nicht nur, er fasziniert Publikum, Musikanten und Sänger gleichermaßen... „

 

- zur „Cavalleria rusticana“ am 15.9.95 im Festspielhaus Erl:

OVB (Rainer Janka): „... Schaudern machte die Schlußszene. Das Licht erlischt, das Publikum ist erschüttert... Doetsch hat da ein veritables Opernorchester hingezaubert, aus dem die Leidenschaften herausquellen, das sich tragisch aufbäumt, das weinselig tanzt, das vor allem die Sänger nie zudeckte … gerade musikalisch war es wohl eine der besten Leistungen von Jürgen Doetsch ...“

 

-zum Verdi-Requiem am 12. Juli 98 im Rahmen der Tiroler Festspiele:

OVB: „... Doetsch hatte bei der Einstudierung des Chors eine Glanzleistung vollbracht ...“

 

- zur „Inntal-Saga“ am 25.7.98 im Festspielhaus Erl:

... Geschichten und Sagen aus dem Inntal (zwischen Brünnstein und Kranzhorn) im chronologischen Ablauf eines Jahres. Im Mittelpunkt der musikalischen Betrachtung stehen der Inn, der das Tal prägt und teilt, die parallel zum Strom verlaufende Autobahn und die Bräuche und Feste auf beiden Seiten des Tales.

Abenteuerliche Experimente: Orchestermusiker beteiligen sich gestaltend und konzertierend am Bühnengeschehen (z.B. zwölf Tubisten als Hexenmeister), oder: Sänger spielen zugleich ein Instrument und malen.

Ein Werk mit einer Fülle von zeitgenössischen, historischen und ins Land der Phantasie abgerückten Impressionen...“

 

... Hexennacht und Tatzelwurm in einem bombastischen Tongemälde!

Doetsch komponiert für die Tiroler Festspiele die „Inntal-Saga“... Seit einem halben Jahr arbeitet Jürgen Doetsch täglich acht bis zehn Stunden an seinem aufwendigen monumentalen Tongemälde. Komponiert wird buchstäblich bis zur letzten Minute: „Ich darf halt nicht krank werden“, meint Doetsch schmunzelnd. Die „Inntal-Saga“ hat sich inhaltlich ganz der Bedeutung der Festspiele verschrieben. Die symphonische Dichtung befaßt sich mit dem Leben und Brauchtum im Inntal beiderseits der Grenzen. Im Mittelpunkt stehen die kulturellen Zentren Reisach und Erl.

Wer Doetschs Aufführungen kennt, weiß, daß er ein Feuerwerk ungewöhnlicher szenischer und musikalischer Einfälle zu erwarten hat. In seiner Komposition will er alte Sagen wiederaufleben lassen – teilweise auch augenzwinkernd. Zur Walpurgisnacht gibt es einen ekstatischen Tanz und aus dem Tatzelwurm wird ein Monster mit durchaus komischen Seiten. Die Besetzung ist geradezu bombastisch: Doetsch setzt sein Werk mit zwei Orchestern, Chor, Solisten und einem Blechbläserensemble in Szene, 450 Sänger und Musiker werden insgesamt auf der Bühne stehen. „Ich möchte ein neues Musiktheater verwirklichen, bei dem ganze Orchesterteile auf der Bühne aktiv tätig sind“, beschreibt Doetsch die Philosophie, die hinter seinem Werk steht und die nicht nur für seine Interpreten, sondern auch für ihn selbst gilt: er wird das Werk nicht nur mitinszenieren und das Orchester dirigieren, sondern auch selbst auf der Bühne stehen...“

 

... Für Kuhn waren Doetsch und seine Sänger aus dem Inntal eine wichtige Säule im Veranstaltungskonzept. Die Inntal-Saga sollte die gewünschte regionale Verwurzelung verwirklichen, auf die sich der besondere Charakter der Festspiele gründet.

Für Doetsch, Komponist, musikalischer Leiter und Regisseur in Personalunion eine Mammutaufgabe, die er wie immer mit einem unglaublichen Maß an Energie und Engagement verwirklichte. Die Inntal-Saga war ein gewagtes Experiment !

Die Inntal-Saga beschreibt den Kulturraum zwischen Reisach und Erl im Jahreslauf. So bunt und unterschiedlich wie das Leben im Inntal sind deshalb auch die Musik und die Inszenierung ausgefallen: Da wirbeln die Hexen zum Schlagzeugsolo im Walpurgis-Tanz über die Bühne, da treffen sich die verschiedenen Musikgruppen zum sommerlichen Fest. Da intoniert das Orchester einen sinfonischen Sonnenaufgang und da betrachtet der Chor von Kobolden fasziniert die Autobahn. Seine Ideen hat Doetsch lautmalerisch meist fabelhaft umgesetzt, der als Dirigent und Pianist auf der Bühne barfuß ständig von einer zur anderen Aufgabe eilte. Wenn man auch die vollendete Harmonie der Inszenierung gelegentlich vermißte, wurde man durch viele gelungene Einfälle und durch die Musik entschädigt.

So war es eine ausgezeichnete Idee, die brillante Musikgruppe 'sforzato' als Erzähler fungieren zu lassen. „Vater“ Doetsch hat sein musikalisches Kind, den Inntalchor, gut gefördert:

Dieser Chor kann so leise und so bombastisch sein, er kann schauspielern und tanzen und demonstriert seine Stärken auf der Bühne mit überschäumender Freude am Spiel und an der Musik … der Chor präsentierte wieder einmal jene Fähigkeiten, für die er sich im Laufe der Jahre so viele Sympathien erworben hat ...“

 

- zur „Italienischen Nacht' am 12.6.1999 im Festspielhaus Erl:

OVB (Ferdinand Mahl): „... Der Name Doetsch verhieß Attraktivität und er selbst Sinn für Aktualität. Man fand seine professionelle Kapellmeisterkunst einmal mehr bestätigt, konnte sich an der Ästhetik seiner agogisch zwingenden Gestik erfreuen und sein souveränes Auswendigdirigieren bewundern...“

 

- zu 'Sommerbilder' im Rahmen der Tiroler Festspiele am 31.7.99:

Der Standard: „... Jürgen Doetsch, autodidaktischer Komponist, erfüllt sozusagen die mikropolitischen lokalen Bestrebungen der Erler Festspiele ...“

 

OVB (Robert Engl): „... Jürgen Doetsch plant einen Einstig ins Fundierte, Ausgearbeitete, weg vom Zufälligen, Improvisierten, von dem, was ihm zur Aura des so genialen Musikers verholfen hat. Denn die „Inntal-Saga“ war ein Wurf aus Träumen geboren, für den Zuschauer zum Träumen danach geworden. So etwas kommt nicht so leicht wieder, deshalb muss er wie jeder Künstler zu neuen Ufern schreiten. Die Sammlung von Gedichten der Romantik, die er für 1999 aussuchte, verriet profunden Geschmack. Aber dieser Abend stand unter keinem guten Stern! Der halbe Chor sei krank, entschuldigte sich Doetsch, also fällt der Chor weg.... ohne Chor kein roter Faden … das so schöne literarische Konzept wird auf Einzelaktionen beschränkt, ist nicht mehr fassbar … Es stimmte auch trotz guter Details nicht zusammen. Aber was weiß, was erfühlt Doetsch nicht alles! Genial erfasst er die Wirkung von Gesangsmelismen, die von einer offenbar an moderner Musik geschulten Sopranistin als erstes in das Rund des Erler Hauses tönen. Die dunklen Streicherklänge ohne Violinen, die Kombination aus vier Harfen und Holzbläsern in der Begleitung!

Ja, wenn die „Inntal-Saga“ nicht Maßstäbe für das Doetsch'sche Gesamtkunstwerk aus Choreografie gesetzt hätte und wenn es das hohe Ziel für 2000 nicht gäbe! Man möchte wünschen, daß es Doetsch gelingt, mit dem Vorhaben 'Altes Testament' über alle Clownerie hinaus den Träumen der Propheten gerecht zu werden. Wünschen wir ihm dazu Glück und Überlegung! …“

 

- zur „Schöpfungsgeschichte“ am 15.9.01 im Passionsspielhaus Erl:

Bayerische Staatszeitung (Klaus Reichold): „... Uraufführung der 'Schöpfungsgeschichte' - Komposition von nahezu biblischem Ausmaß ! Schlaf braucht er wenig. Gottlob. Denn andernfalls käme er gar nicht um die Runden. Fasziniert von Geschichte verschlingt der Vater dreier Töchter ein Buch nach dem anderen und will vor allem lernen und nochmals lernen: „Wir müssen global denken“ lautet sein Credo. Seine Überzeugungen münden in Musik: er komponiert symphonische szenische Werke – es sind Glaubensbekenntnisse eines lebensfrohen Optimisten. In seiner Vielseitigkeit und in seinem Schaffensdrang brachte er sich selbst ohne professionelle Anleitung Harmonielehre bei – was angesichts des vorhandenen Talents möglicherweise keinen allzu zähen Willen erforderte, als großartige autodidaktische Leistung aber allen Respekt verdient.

Gleichzeitig hob er mit Anfang zwanzig den Inntalchor aus der Taufe und sammelte erste praktische Erfahrungen als Dirigent.

Am vergangenen Wochenende war der altehrwürdige Passionsspielort Erl denn auch Schauplatz der jüngsten Uraufführung eines Werkes aus der Feder von Doetsch. Sein Titel: „Die Schöpfungsgeschichte“ - ein szenisches Oratorium für Soli, Chor, Orchester und Tänzer nach dem Bericht des AT.

Die Aufgabe, die sich Jürgen Doetsch damit gestellt hatte, war gewaltig!

Der personale Aufwand stand dem nicht nach: Hunderte von Instrumentalisten, Sängern, Tänzern und Kindern bevölkerten die Bühne und führten dem Publikum die sieben Tage währende Erschaffung der Welt vor Augen und Ohren.

Das Bühnenbild: eine Szenerie wie Friedrichs 'Eismeer' nach und nach belebt.

Die Musik im ersten Teil über manche Strecke disparat wurde nach der Pause überzeugend und wirklich großartig: Die elegische Schilderung der paradiesischen Herrlichkeit eignete sich ebenso zum Niederknien wie der zutiefst erschütternde Schlußgesang mit den ewig wahren Worten: „Denn Staub bist du, zum Staub musst du zurück.“

 

Bezirksnachrichten: „... eine bemerkenswerte kompositorische Leistung. Doetsch's Allroundtalente Hans Gfäller und Marlene Ebner zogen alle Register.

Das schlichte Bühnenbild bildete raffiniert den perfekten Hintergrund für die hervorragenden raffinierten Lichterspiele des Opernregisseurs Bijan Ahsef. Witzige Einfälle sorgten für die Kurzweiligkeit, die Doetsch-Inszenierungen stets auszeichnet -

zum Beispiel dann, wenn Kinder Frösche mimend Schöpfung lebendig werden lässt.

Wie sehr der Oberaudorfer das Monumentale liebt, zeigte der Umstand, daß diesmal gar die ersten Sitzreihen aufgegeben wurden, um Platz für das große Orchester zu schaffen – das übrigens die Zeitreise durch die Geschiche der Klänge perfekt untermalte.

Um die Solisten, die Doetsch seit Jahren zur Verfügung stehen, dürften ihn ohnehin viele Kollegen beneiden: Anna Resch, Mithra Ahsef, Anahita Ahsef, Karin Wagenstaller, Daniel Szeili, Hans Petrat, Hans Gfäller und Franz Böhm.

Doetsch' größter musikalischer Schatz aber glänzte diesmal besonders: der Inntalchor, der seit Jahren jedes Experiment seines Gründers mitlebt. Doetsch und sein Chor sind gemeinsam im letzten Vierteljahrhundert an ihren Aufgaben gewachsen und zusammengewachsen. Der Oberaudorfer hat im Laufe der Jahre ein bemerkenswertes künstlerisches Potenzial um sich versammelt ...“

 

Tiroler Tagblatt: „... Oratorium, Tanztheater, Mysterienspiel oder Oper – auf jeden Fall ein Gesamtwerk ganz eigener Art … Riesen-Bühne noch viel zu klein … umsichtig und unnachgiebig leitete Doetsch sein Werk durch alle Fährnisse der Uraufführung ...

große packende Szenen ...“

 

OVB (Robert Engl): „.. viele Gesichter eines Komponisten! … Die Aufführung von Doetschs 'Inntal-Saga' ist noch in voller Erinnerung. Wird das AT ein ähnliches Gesamtkunstwerk, ein Traum aus Fantasie, Vision, Allegorie und Wirklichkeit? Angesichts des Riesenaufgebots an Musikern war klar: Auf dem Tongebäude sollte Doetschs Hauptaugenmerk bei seinem in über zehnjähriger Arbeit entstandenen Opus zu liegen kommen.

Schönmetzlers Einführung führte vor Augen: Hier wird der Schöpfungsbericht verstanden als Rahmen für eine Gesamtschau über die Entwicklung der Menschenkultur und der Musik als Teil derselben bis zum heutigen Tag.

Nun, an diesem Tag war schon zu erkennen, daß zehnjährige Arbeit an einen Opus auch die kompositorische Entwicklung des Autodidakten Jürgen Doetsch offenlegte. Denn homogen gebärdete sich das Werk keineswegs. Doetschs musikalische Unternehmungen haben bis heute viele Gesichter!

Gleich zum ersten Teil: Etwas weniger wäre mehr gewesen! Eine Vielgestalt ausschmückender Nebenstimmen , so daß man sich fragte: Wie schaffte der Inntalchor das nur! Er bewältigte die schwierigste Rhythmik, die höchsten Töne, Koloraturen. Posaunen, Tuben, Schlagzeuge setzten Akzente in einem Tongebilde, daß alle Dimensionen sprengte. Darüber spannte sich oft eine Tonsprache, die eine Mixtur aus Gershwin und Bernstein war und aus einem wohl angestammten musikalischen Umfeld zu erklären ist. Da wird die Musik banal.

Dennoch, Doetsch ist echt dort, wo er ausbricht aus solchem harmonischen Umfeld , wo er aussteigt in das Wagnis der Polyryhthmik, der Polytonalität. Da schwingt er sich mit luftigem Figurenwerk in schwindelnde Höhe.

Nach der Pause stimmte plötzlich alles zusammen, die Musik, die Choreografie, der Spannungsablauf. Im Schlußgesang lenkten sich die Harmonien Doetschs in unbekannte Bahnen und am Ende herrschte archaische Stimmung. Kein pompöses Gershwin-Gehabe war mehr zu hören. „Zum Staub musst du zurück..“ - und so endete auch die Musik im Unaufgelösten...“

 

- zur 'Italienischen Nacht' am 6.7.03 in Bad Wiessee: „... Lebensfreude pur riss die Besucher mit … treibende Kraft war unbestritten das Multitalent Jürgen Doetsch. Er stellte sein Können sowohl als Dirigent als auch als Pianist und Entertainer unter Beweis – ohne dabei dominant zu wirken... der Klangkörper lieferte eindrucksvolle Kostproben und zog das Publikum voll in seinen Bann. Die Solisten wie Anahita Ahsef, Anna Resch, Hans Petrat und Hans Gfäller beeindruckten … mit stehenden Ovationen forderten die Besucher immer mehr Zugaben ...“

 

- zur 'Audorfer Nacht' am 19.7.2003:

... plötzlich war es still am See. Es war die Stunde des Erlkönigs. Fast konnte man ihn greifen, den grausamen Verführer. Seine Stimme säuselte. Entsetzen wurde nachvollziehbar: Jürgen Doetsch ist ein Meister der Bilder. Er zieht die Menschen in seinen Bann. Kein anderer Ort kommt seinen Visionen näher als die neue Bühne am Luegsteinsee, die von dem Oberaudorfer Architekten Hans Gfäller konzipiert wurde. Eben dieser Hans Gfäller sang Schuberts „Erlkönig“ … Rund 2000 Zuschauer ließen sich vor herrlicher, ach, grandioser Kulisse vom spektakulären Element und der fulminanten Präsenz von über 400 Mitwirkenden ein mosaikreiches Bild Oberaudorfs und seiner Künstler entwerfen ...“

 

- zur Premiere der Rosenheimer Sinfoniker im Ballhaus am 26.3.04:

.. nach all der Neugierde (und leisen Skepsis) darf man Jürgen Doetsch bestätigen, daß er die Premiere viel versprechend gemeistert hat. Die Partitur (Dvorák's 9. Symphonie 'Aus der neuen Welt') hatte er perfekt im Kopf (für ein Dirigentenpult wäre auf der hoffnungslos überfüllten Bühne eh kein Platz mehr gewesen) .... Seine Eigenkompositionen nach der Pause leitete er entspannt, fast lässig … verkündete er dann das definitive Ende: „Weil wir jetzt Durst haben“ …

 

- zum Opernkonzert im Rohrdorfer Steinbruch „Aufbruch“ am 24.7. 2004:

... Daß das Konzert im Steinbruch Rohrdorf dann doch in einer Lagerhalle stattfand, lag natürlich an den unglaublichen Regenmassen, die nahezu kompakt vom Himmel fielen. Schade war's auf jeden Fall um die Leistung der Mitarbeiter vom Zementwerk Rohrdorf, die in wochenlanger Arbeit in ihrem Steinbruch eine Arena-Situation geschaffen hatten: Nun wurde kurzfristig eine Lagerhalle zum 'Opernhaus' umfunktioniert – ein Meisterwerk an Erfindungsreichtum und Improvisationsbereitschaft, für das ein Mitglied aus der Führungsetage Doetsch danken musste, „weil ein anderer so etwas überhaupt nicht machen will, geschweige kann … Die Zuhörer waren begeistert und klatschten sich die Hände heiß...“

 

- zur Fantasie der 1000 Bläser im Rahmen des 1. Rosenfestivals am 16.6.05:

... zweieinhalb Stunden vor Beginn: Die Podien für die Bläser auf dem Laziseplatz stehen schon, Techniker basteln noch an der elektronischen Anlage – und ein übers Wetter überglücklicher Jürgen Doetsch entwirft die endgültige Platzierung der Musiker auf dem Halbrund der Bühnen vor dem Lokschuppen. Einige hundert Zuschauer haben sich bereits eingefunden und kommentieren mehr oder wenig sachverständig Doetschs Probenarbeit mit der Kerntruppe der Veranstaltung, den Grassauer Bläsern, einer Holzbläsergruppe aus der Region und Waldhornisten aus Wien und Innsbruck. Mit halbstündiger Verspätung beginnt dann das Konzert, zu dem sich ganz Rosenheim in bester Stimmung versammelt zu haben scheint. Nur mit Mühe gelingt es, für den Einzug der Kapellen aus Bayern und Tirol eine Gasse zu schaffen. Die Musikanten ordnen sich nach Instrumentengruppen auf und vor der Tribüne ein – gut 1000 Musiker werden es wohl sein! Auf den 'Zinnen' des Lokschuppens stehen an die 150 Trompeter zwischen Fackelträgern. Dann wird es ernst für den Organisator des Festivals. „Wir leben vom Mut“, so schwört Doetsch seine Musiker auf den gemeinsamen 'Massenchor' ein, den sie ohne vorherige Probe realisieren sollten. Er dirigierte vom erhöhten Platz aus, und mit Unterstützung von drei „Subdirigenten“ gelang es ihm, sein etwa 30-minütiges Medley-Arrangement (Melodien aus Oper und Symphonie) erfolgreich durch alle Fährnisse zu einem bombastischen Ende zu führen. Das Potpourri entfaltete sich von den Bässen, wanderte über Tenöre, Baritone und Waldhörner zu den Posaunen (wohltuend im satten Klang ohne Verstärkung) und Trompeten: Triumphaler hat man den Marsch aus 'Aida' sicher selten gehört, und das „Große Tor von Kiew“ von Mussorgski führte das Werk zu einem mächtigen, strahlenden Schluß. Die Klangwoge lagerte über ganz Rosenheim...

unglaublich“ - so die Aussagen aller Musikanten - „ es stand 1 zu 1000, daß 'Er' das nicht verwirklichen könnte – und nun dieses Wunder! Das haben wir noch nie erlebt! …

Tausende von Zuschauern feierten Doetsch und seine Musiker begeistert und ausgiebig. Diese hoben als Dank ihre Instrumente hoch in die l.uft – ein fröhlicher und anrührender Eindruck gemeinsamer Freude und eine schöne Bestätigung für Doetschs Anliegen, „mit einheimischen Kräften“ große Dinge zu tun!

 

- zur 'Csárdásfürstin' am 2.2.06:

... unter der musikalischen Leitung von Jürgen Doetsch und der Regie von Herbert Hanko ist Operettencharme im Ballhaus wunderbar zum Leben erweckt worden: es gelang eine glanzvolle Aufführung von Kalmans unverwüstlicher Operette. Anahita Ahsef als Csárdásfürstin gewann mit ihrem leuchtenden Sopran mühelos alle Zuhörer ...“

 

- zum Rosenfestival 2006:

Das Rosenfestival begann mit einem kirchenmusikalischen Paukenschlag: Doetsch hatte eine Messe in sechs Sprachen mit dem Namen 'Missa del mondo' komponiert, die ihrem namentlichen Anspruch alle Ehre machte, so sehr zielte sie in ihrer Anlage aufs Große – üppig, bombastisch, ekstatisch“

Über 800 Musiker, Sänger, Tänzer und Schauspieler bauten mit an der 'lebendigen Kulturstrasse', die sich vom Ballhaus durch die Rosenheimer Innenstadt bis zum Kuko zog. Bauchtanz, Flamenco, Musical, Jazz, Rock, Blues, Blasmusik, Stubnmusi, Tanz, Chorgesang, klassische Musik – das Angebot an regionaler Kunst war so vielschichtig, daß die vielen tausend begeisterten Zuschauer in großen Gruppen von Aufführung zu Aufführung wechselten“

 

- zur Innfantasie am 25.9.2008:

1. Etappe von Kufstein nach Oberaudorf:

Jürgen Doetsch inszenierte mit einem Megaspektakel auf dem Inn eine außergewöhnliche Einstimmung zur Landesgartenschau in Rosenheim:

in drei Jahresetappen soll hierbei ein sog. 'kultureller Funke', gleich einem Fackellauf bei einem olympischen Ereignis, innabwärts von Kufstein bis Rosenheim getragen werden, symbolisiert durch eine Skulptur des Bildhauers Andreas Kuhnlein 'Die Botschaft'.

Der Inn, der Wirtschaft und Kultur dieser Region maßgebend geprägt hat, gilt sozusagen als Vermittler dieser grenzüberschreitenden kulturellen Botschaft.

Auf der ersten Etappe, die von Kufstein nach Oberaudorf führte, erlebten nun tausende Zuschauer, wie an diesem Abend ein hochmotiviertes Orchester auf einer schwimmenden Bühne dem nasskalten Wind trotzte. Am Bug ragte mystisch angestrahlt die Skulptur 'Die Botschaft'. Das vom Initiator eigens komponierte Großarrangement für das Fluß-Orchester, zahllose Musikgruppen am Ufer und der in den Anfängen einstimmenden Heldenorgel in Kufstein, verlor sich im Laufe der anbrechenden Dunkelheit weitgehend im einsetzenden Regenschauer. Unbeirrt eskortierten an beiden Ufern zahlreiche, mit Fackeln ausgestattete Läufer die ungewöhnliche Musik-Szenerie …“

„ … ein Wagnis deshalb, weil keine Probe durchgeführt werden konnte und die Musiker auch gegen den Motorenlärm zu kämpfen hatten. Doetsch dirigierte vom Ponton aus nicht nur sein aus Grassauer Bläsern, Innsbrucker Hornisten und einheimischen Musikanten zusammengestelltes 'Flußorchester', sondern leitete gleichzeitig über sein Handy die rhythmischen Einsätze für den weit entfernten Organisten und die am Ufer wartenden Echo-Gruppierungen … Trotz aller Widrigkeiten verdient diese Innfantasie höchste Bewunderung und kann als Kunstprojekt gewertet werden, vor allem weil sich Doetsch mit der Auslegung auf drei Jahre auch dem Zeitgeist der Eile widersetzt.“

 

- zur Innfantasie am 1.8.2009:

2. Etappe von Oberaudorf nach Nußdorf:

Auf der zweiten Etappe wurde die Skulptur 'Die Botschaft' auf einer Plätte von Oberaudorf nach Nußdorf innabwärts transportiert, eskortiert von Sportruderbooten unter Leitung von Paul Geisenhofer und - auf beiden Dämmen - von zahlreichen Fackelläufern, rekrutiert von Hans Resch aus seiner Mannschaft 'Schuhwiedu-Lauftreff'. Die so entstandene Flotille verlieh dem Sendungsbewusstsein der Skulptur ein würdevolles Erscheinungsbild. Nach einer Fahrzeit von 1,5 Stunden fuhr die Plätte in den Dettendorfer-Hafen ein, begrüßt von einem stattlichen Großbläserensemble: Um das Ereignis stimmig abzurunden, inszenierte Doetsch ein beeindruckendes musikalisches Finale. Doetsch hatte in Johann Dettendorfer eine tatkräftige Unterstützung für sein großes Vorhaben gefunden. Tausende Zuschauer feierten anschließend auf dem Schiffleutfest ein äußerst stimmig gelungenes Innspektakel.“

 

 

- zur Uraufführung 'Die fromme Helene' am 25.9.2009

Jürgen Doetsch vertonte die Bildergeschichte 'Die fromme Helene' von Wilhelm Busch

als 'musikalische Lustbarkeit' „ … gestaltete sich die 'Lustbarkeit' zu einem duftig-

geistvollen Ereignis. Doetsch dirigierte vom Flügel aus in souverän zupackender Musikalität

und durcheilte sein Werk in Liszt'scher Tastenlöwenmanier“